Thüringer Wohnungswirtschaft: Wohnungsmarkt im Freistaat funktioniert

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Am Rande der diesjährigen Tage der Thüringer Wohnungswirtschaft stellte Frank Emrich, Verbandsdirektor des vtw Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. die aktuellen Zahlen der rund 200 Unternehmen des vtw vor. Gleichzeitig wurde zum zweiten Mal der Preis der Thüringer Wohnungswirtschaft vergeben.

Thüringen

 Die Analyse aktueller Zahlen macht eine Kluft deutlich, die sich so nicht weiter entwickeln darf. Es existiert eine gefühlte Marktanspannung in den Städten, die nicht durch Daten gedeckt ist. Daneben verfälscht die Marktnormalisierung eine fatale Entwicklung im ländlichen Raum.

Die durchschnittliche Miete aller vermieteten Wohnungen der Mitgliedsunternehmen des vtw lag im Dezember 2018 bei 5,01 Euro/m² Kaltmiete (Deutschland 6,92 Euro/m²). Dies entspricht einer Mietbelastungsquote von 24 Prozent (Deutschland 27 Prozent). Die Durchschnittsmieten stiegen im Vorjahresvergleich von 4,93 Euro/m² um 1,6 Prozent, wesentlich bedingt durch 10 Prozent Neuvermietung in vorwiegend Neubauten. Der Wohnungsleerstand liegt seit 2012 thüringenweit konstant bei ca. 8 Prozent. Die Zahlen werden allerdings erst aussagefähig, wenn man Stadt und Land separat betrachtet.

Städte – alles im Lot

 So beträgt die durchschnittliche Kaltmiete in Jena 5,70 Euro/m², in Erfurt liegt sie bei 5,23 Euro/m². Jena weist dabei im Schnitt die höchste Mietbelastungsquote Thüringens von max. 30 Prozent auf. Auch hier werden die Werte durch neu errichtete Gebäude nach oben gezogen. Neuverträge für aktuell Wohnungssuchende beginnen in Jena und in Erfurt bei den Unternehmen des vtw bei 4,60 Euro/m². Bei Neubauten schlagen sich gestiegene Grundstücks- und Baupreise nieder, die Vermietungen zu einem Preis von ca. 9 bis 11 Euro/m² erfordern, weil sie sonst reine Verlustbringer für die Wohnungsunternehmen wären. Diese Wohnungen decken außerdem einen vorhandenen Bedarf und ermöglichen den Freizug preiswerterer Wohnungen.

Die Mieten in den Städten erreichen erstmals Höhen, die einen auskömmlichen Unterhalt (Bewirtschaftung, Instandhaltung, Neubau) des Wohnungsbestandes ermöglichen. Trotzdem bleiben sie in ganz Thüringen innerhalb der Leistbarkeitsgrenze von 30 Prozent des Haushaltnettoeinkommens. In Summe verfügen selbst Erfurt und Jena über Wohnraum mit absolut leistbaren Preisen. Kombiniert mit dem vorhandenen Leerstand von ca. 2 bis 3 Prozent und dem jährlich durch Auszüge verfügbaren Wohnraum (Fluktuationsquote, ca. Prozent 10 Prozent) ergibt dies einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt ohne Anspannung. Erhöhte Versorgungsaufgaben bestehen bei großen Wohnungen für Familien bzw. Segregationstendenzen in Erfurt. Letztere können nur durch Stadtteilaufwertung gehrilt werden.

Ländlicher Raum – Abwärtstrend stoppen

 Völlig konträr gestaltet sich die Lage im ländlichen Raum. Die Mieten bewegen sich zwischen 4,46 Euro/m² im Kreis Hildburghausen und 5,02 Euro/m² im Saale-Orla-Kreis.
Mit diesen Mieten können Gebäude nicht nachhaltig bewirtschaftet werden. Schon gar nicht können die Aufwendungen des anstehenden Sanierungszyklus bzw. nötige Neubauten für Familien oder Ältere aus diesen Mieten finanziert werden. Da die Bevölkerung hier weiter zurückgeht, setzt sich eine Negativspirale in Gang. Sichtbar wird diese durch den ansteigenden Leerstand trotz Rückbaus von Wohnungen. Er hat 2018 erstmalig seit 2010 wieder die 10 Prozent-Marke überschritten – Tendenz steigend.

Verbandsdirektor Emrich resümiert: „Gewissenhafte Politik muss sich auf die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes konzentrieren. Hier liegt der Schlüssel für alle Wohnungsmarktprobleme – einschließlich des Vermeidens einer möglichen Anspannung in den Städten. Wer eine Krise in den Städten herbeiredet und keine Strategie für das Land liefert, handelt grob fahrlässig und gefährdet das Wohl der Thüringer.“

Milliardeninvestitionen

 Die Wohnungswirtschaft kommt ihrer Eigentumsverpflichtung nach. Trotz der differenzierten Lage investierten die Thüringer Wohnungsunternehmen seit 2015 ca. 1,5 Mrd. Euro. 2019 liegen die Investitionen bei ca. einer halben Milliarde Euro. Zu 90 Prozent gehen diese Mittel als Aufträge in die regionale Wirtschaft. Frank Emrich betont: „Gerade im ländlichen Raum lassen sich die nötigen Investitionen oft nicht refinanzieren. Hier benötigen wir zum Strukturerhalt Förderung durch den Freistaat.

Preis WohnWerte – Wohnen als soziales Gut

 Zum zweiten Mal wurde in Suhl der Thüringer Preis der Wohnungswirtschaft vergeben. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf „WohnWerten“. Prämiert wurden Projekte, die sich Grundlagen des sozialen Zusammenhalts und Integration widmen und das soziale Gut Wohnen betonen. Der Preis wird durch den Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. in Kooperation mit der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e. V. und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (GdW) vergeben. Sozialministerin Heike Werner (TMASGFF) überreichte als Schirmherrin des Wettbewerbs persönlich die Preisplaketten an die beiden ausgezeichneten Wohnungsunternehmen im Ringberg Hotel.

Der diesjährige Thüringer Preis der Wohnungswirtschaft geht an die Rudolstädter Wohnungsverwaltungs- und Baugesellschaft mbH (RUWO). Das Wohnungsunternehmen konnte sich mit seinem Projekt „ZusammenWachsen“ gegen acht weitere Kandidaten durchsetzen. Einstimmig würdigte die Jury die gelungene Nachnutzung einer Abrissfläche, mit der Förderung des Eigenengagements der Bewohner einen Ort der Begegnung zu schaffen. Daneben verlieh die Jury eine Anerkennung an die jenawohnen GmbH. Bei dem Projekt „jenaFREEstyle“ sticht der neue Ansatz bei der Wohnungsvermietung heraus. Das Marketing unterstützt die Idee gekonnt und überzeugend. Mit dem Projekt wird ein kreativer Weg gewählt, eine junge neue Zielgruppe für den Wohnstandort Jena-Lobeda zu gewinnen.

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