25. Thüringer Forschungspreis geht nach Ilmenau und Jena

0
1292

Wissenschaftler der Technischen Universität Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena erhalten den Thüringer Forschungspreis 2020 und ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 50.000 Euro. „Die aktuelle Situation stellt die Gesellschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Auch, oder gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, öffentlich zu würdigen, was unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen leisten“, betont Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee im Rahmen der virtuellen Preisverleihung.

„Die zum Wettbewerb eingereichten Vorschläge decken ein sehr weites Forschungsspektrum ab. Sie werden aber durch einen hohen technischen Anspruch und dadurch verbunden, dass sie den Menschen als ökologisches, in seine Umwelt eingebundenes Wesen zeigen, das gerade auch durch Allerkleinstes beeinflusst wird. Die Corona-Pandemie führt uns gerade schmerzhaft vor Augen, wie relevant dieser Ansatz ist“, so Tiefensee weiter.

Für die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie zur Finanzierung der Hochschulen hat der Freistaat Thüringen allein im vergangenen Jahr mehr als 740 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Das Geld ist gut angelegt, denn die hohe Qualität der geleisteten Forschung haben auch in diesem Jahr alle Vorschläge unter Beweis gestellt. Der Forschungspreis würdigt sie alle.“

Grundlagenforschung:
Der Forschungspreis im Bereich der Grundlagenforschung und ein Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro gehen an Prof. Dr.-Ing. Eberhard Manske, Prof. Dr.-Ing. Thomas Fröhlich, apl. Prof. Dr.-Ing. Roland Füßl, Dr.-Ing. Uwe Gerhardt, Dr.-Ing. Rostyslav Mastylo, Dipl.-Ing. Ingo Ortlepp, Frau Dipl.-Phys. Ulrike Blumröder, M. Sc. Folker Schwesinger, Dipl.-Ing. Oliver Birli, Dipl.-Ing. Gunter Krapf, Dipl.-Ing. Andreas Meister, Dr.-Ing. Paul Köchert von der Technischen Universität Ilmenau für ihre Forschungsarbeiten zum Thema „Subnanometermessverfahren höchster Präzision mit zehn Dekaden Messbereich“.

„Drei Größenordnungen schaffen eine neue Wissenschaft“ – so beschreibt der Teilchenphysiker Murray Gell-Mann, der Entdecker der Quarks, was Forscher bei ihrer Reise in die Welt des Allerkleinsten erwartet. Und die Welt des Allerkleinsten, das ist für die Nanoforscher das Reich der Moleküle und Atome. Ihre Größenordnung sind Bruchteile von Nanometern – der Atomgitterabstand von Kohlenstoff beträgt 0,246 nm. Im Bereich der Nanotechnologien produziert man Halbleiterstrukturen mit nahezu atomaren Abmessungen auf Wafern mit hunderten Millimetern Durchmesser. Hierzu benötigt man Subnanometer-Messverfahren höchster Präzision, die gleichzeitig zehn Dekaden Messbereich überstreichen können. Zu den genauesten Längenmess-Systemen zählen heute Laserinterferometer, wobei der hochgenaue „immaterielle“ Längenmaßstab durch die Laserlichtwellenlänge gebildet wird. Hier haben die Ilmenauer Forscherinnen und Forscher um Prof. Eberhard Manske einen einzigartigen Beitrag geleistet. In nur zwei Jahren Forschungsarbeit ist es ihnen gelungen, die Messunsicherheit dieses Längenmaßstabes, also der Wellenlänge des verwendeten Laserlichtes, um den enormen Faktor 1000, d. h. um drei Größenordnungen auf 10-12, zu verbessern. Dies erreichten sie, indem sie einen speziellen Laser mittels modernster Frequenzkammtechnologie auf das hochpräzise Signal von GPS-satellitengetragenen Atomuhren geregelt und dauerhaft auf die Einheit der Sekunde rückgeführt haben. Durch die Kombination mit der ebenfalls an der TU Ilmenau entwickelten Nanopositionier- und Nanomessmaschine sind nun zehn Dekaden überspannende Messungen mit Subnanometerauflösung auf ein Zehntel Atomgitterabstand über 200 mm möglich.

Angewandte Forschung:
Der Forschungspreis im Bereich der angewandten Forschung und ein Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro gehen an Prof. Dr.-Ing. Patrick Mäder, Frau Dr. Jana Wäldchen, Dr. Marco Seeland, Dr. Michael Rzanny, M. Sc. David Boho, Dipl.-Inf. Christian Wittich, Frau M. Sc. Alice Deggelmann und B. Sc. Fabian Nitsche von der Technischen Universität Ilmenau und dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena für ihre Forschung „Künstliche Intelligenz revolutioniert die Pflanzenbestimmung“.

Maschinelles Lernen, Citizen Science, Smartphones – all diese hochaktuellen Forschungsthemen vereint das Forschungsprojekt „Flora Incognita“ seit fünf Jahren. Unter dem Motto „Künstliche Intelligenz trifft auf Natur’“ arbeitet ein interdisziplinäres Team aus den Fachbereichen Botanik, Informatik, Physik und Medienwissenschaften daran, traditionelle Pflanzenbestimmung in das digitale Zeitalter zu überführen. Wer kennt die Situation nicht? Beim Wandern entdecken Sie eine Pflanze, über die Sie gern mehr erfahren würden. Wie heißt die Pflanze, ist sie giftig oder steht sie womöglich unter Naturschutz? Ein Bestimmungsbuch haben Sie entweder nicht dabei oder Sie finden herkömmliche Bestimmungsliteratur zu komplex. Die konsequente Nutzung neuester Ansätze des maschinellen Lernens in Kombination mit der ständigen Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets machen es möglich, die Bestimmung von Pflanzen deutlich zu vereinfachen.  Die Flora Incognita Forschungsgruppe entwickelte ein Verfahren zur interaktiven, automatischen Pflanzenbestimmung mit Smartphones. Die im Rahmen des Projektes entwickelte Flora Incognita App zeigt eindrücklich, wie einfach heute Pflanzenbestimmung sein kann. Mit der Kamera des Smartphones fotografieren Sie die Blüte, dann gegebenenfalls das Blatt und in Sekundenschnelle erhalten Sie einen Vorschlag zum Namen der Pflanze sowie weiterführende Informationen. Die App erlaubt somit eine leichte und sichere Pflanzenbestimmung für Menschen jeden Alters und jeden Grades an Vorwissen. Nach Einschätzung von Experten hat die Flora Incognita App das Potential, weitverbreitetes Werkzeug zur Bestimmung und Kartierung der deutschen Flora zu werden. Schulen, Universitäten, Umweltbildungseinrichtungen aber auch Planungsbüros und Umweltbehörden nutzen heute schon diesen Weg der Pflanzenbestimmung. Wissenschaftliche Ergebnisse und insbesondere KI-Methoden wurden somit in die Öffentlichkeit transferiert und erlebbar gemacht.

Die App ist sowohl im Google PlayStore als auch im Apple AppStore erhältlich: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.floraincognita.app.floraincognita&hl=de

Quelle

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein