Verleihung der Kulturnadel des Freistaats Thüringen – Preisträger dennoch geehrt

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Seit 2014 vergibt die Thüringer Landesregierung die Kulturnadel des Freistaats Thüringen und ehrt damit Persönlichkeiten für ihr großes ehrenamtliches Engagement im Kulturbereich. Trotz intensiver Vorbereitungen und Planung auf der Grundlage eines umfassenden Hygienekonzepts muss die feierliche Verleihung der Kulturnadel, die am Donnerstag, 5. November, im Haus Dacheröden in Erfurt im Beisein von Kulturminister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff stattfinden sollte, in diesem Jahr gemäß der neuen Thüringer Landesverordnung zur Corona-Prävention abgesagt werden.

Die zehn Preisträgerinnen und Preisträger erhalten ein persönliches Gratulationsschreiben des Kulturministers, dem die Urkunden, die Kulturnadel sowie die Kulturnadelbroschüre beigelegt ist, auf postalischem Weg.

Dazu erklärt Kulturminister Hoff: „Was Ehrenamtliche in der Kultur alles zu leisten vermögen, sehen wir an den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern der Kulturnadel. Mich beeindruckt ihr außerordentlich umfassendes Verständnis von Kultur. Gerade in der jetzigen Situation wissen wir: Kultur ist weit mehr als Freizeit und Unterhaltung! Genreübergreifend liegt den Preisträgerinnen und Preisträgern die soziale Dimension der Kultur am Herzen. Sie machen damit ‚Kultur für alle‘ und tun damit genau das, was den Kern lebendiger demokratischer Kulturpolitik bildet und wir jetzt umso schmerzlicher vermissen. Für dieses Engagement gebührt ihnen mein großer Dank.“

Seit 2018 werden die zehn Kulturnadeln des Freistaats Thüringen mit jeweils 750 Euro dotiert vergeben. Vorschlagsberechtigt waren kulturelle Vereine, Verbände, Institutionen und Kommunen in Thüringen. Mit ihren Anregungen konnten sich jede Bürgerin, jeder Bürger an die Vorschlagsberechtigten wenden.

 

In den Laudationes auf die Ausgezeichneten heißt es u. a.:

1) Jürgen Conradi aus Jena
Der Jenaer Kunstverein e.V. wurde von engagierten Bürgerinnen und Bürgern gegründet, um der Kunstförderung in der Stadt neue Impulse zu verleihen. Jürgen Conradi war einer der wesentlichen Initiatoren. In den 1990er Jahren wurden zunächst Künstlerinnen und Künstler gezeigt, die in der DDR nicht oder nur selten zu sehen waren. Heute präsentiert der Verein jährlich bis zu sechs Ausstellungen sowie in Kooperation mit der Uni Jena zwei Skulpturenschauen. Zudem findet eine jährliche Kunstauktion statt, die sich als größte Auktion zeitgenössischer Kunst in Thüringen etabliert hat. Jürgen Conradis Offenheit, sein Interesse und seine Kontaktfreudigkeit verschaffen ihm Zugang zu zahlreichen Künstlerinnen, Künstlern und Kulturschaffenden. Auch wenn er als stellvertretender Vorsitzender lieber in der zweiten Reihe steht, ist er in der Kulturszene schon lange „Mr. Kunstverein“. Ohne seine Organisations- und Vermittlungs-fähigkeiten, seine Entwicklung von Ideen und seine Beharrlichkeit hätte der Kunstverein die über 150 Ausstellungen, die die Kulturlandschaft Jenas und Thüringens bereichert haben, nicht realisieren können.
Jürgen Conradi  erhält die Kulturnadel des Freistaats Thüringen für sein langjähriges Engagement als aktives Vorstandsmitglied des Jenaer Kunstvereins e.V..

2) Gisela Ruck aus Wohlmuthausen
Seit 35 Jahren Gisela Frau Ruck ehrenamtlich die Gemeindebibliothek in Wohlmuthausen, einem Ortsteil der Einheitsgemeinde Rhönblick. Mit ihrem Engagement hat sie die kleine Bibliothek zu einem beliebten Treffpunkt für die Bürgerinnen und Bürger gemacht. Das Angebot trägt dazu bei, soziale Defizite und Barrieren zu überwinden und die Chancen zur gerechten gesellschaftlichen Teilhabe zu erhöhen. Auch im Theaterverein „Die Rhuejäzze“, den sie 1972 in Wohlmuthausen ins Leben rief, ist sie aktiv. 12 Jahre lang lenkte sie die Geschicke des Vereins als Vorsitzende und führte in zahlreichen Stücken Regie.
Gisela Ruck erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für ihr langjähriges Engagement bei der Betreuung der Gemeindebibliothek Wohlmuthhausen.

3) Christian Stützer aus Heilbad Heiligenstadt
Als Vorstandsmitglied das HVE Eichsfeld Touristik e.V. engagiert sich Christian Stützer für die Erforschung, Bewahrung und Erinnerung des jüdischen Lebens in seiner Heimatstadt. 46 Stolpersteine, die die Spuren nationalsozialistischer Vernichtungspolitik markieren, regelmäßige Veranstaltungsformate anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar oder des Gedenktages der Befreiung Deutschlands am 8. Mai und seine Vortragsarbeit mit Schulklassen und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen stehen für seine Begeisterung für die Pflege des jüdischen Erbes in der Stadt. Unermüdliches Engagement zeigte Christian Stützer auch bei der Restaurierung des einmaligen gusseisernen Grabmales der Familie Löwenthal, das Anfang der 1990er Jahre eingestürzt war. Christian Stützer erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für sein langjähriges Engagement in der Erforschung und Vermittlung jüdischer Geschichte in Heiligenstadt.

4) Brunhilde Psurek aus Sömmerda
15 Jahre lang war Frau Psurek Teil des Arbeitertheaters in Sömmerda. 1988 wurde im heutigen Schüler-Freizeit-Zentrum eine Arbeitsgemeinschaft für Kinder gegründet. Unter ihrer Leitung entstand die erste Theatergruppe „Darstellendes Spiel“. 1990 folgte die Gründung einer weiteren Theatergruppe, die sich später als Theatergruppe „Namenlos“ im Sömmerda und über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat. Durch ihre ehrenamtliche Arbeit fördert und ermutigt Brunhilde Psurek die Schüler beim Lernen, Diskutieren, Vortragen, bei der Teamarbeit, Kreativität, Toleranz, Selbständigkeit und stärkt nicht zuletzt das Selbstbewusstsein. Bis 2019 inszenierte sie 76 Stücke. Bei allen war sie für die Dramaturgie, das Bühnenbild, die Maske und die Bühnenarbeiten verantwortlich oder stand selbst auf der Bühne. Brunhilde Psurek erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für ihr langjähriges Engagement als Leiterin verschiedener Theatergruppen in Sömmerda.

5) Rudolf Funk aus Bad Salzungen
Im November 2007 wurde Rudolf Funk zum Kreisheimatpfleger des Wartburgkreises berufen – als erster Kreisheimatpfleger in der Wartburgregion überhaupt. Über zwölf Jahre lang leitete er die Geschicke der über 60 Ortschronisten in einem gut funktionierenden Netzwerk. Durch seine Kompetenz und Berufserfahrung im Bereich der Pädagogik und Kulturarbeit sowie Kommunikation war er ein wertvoller Teilnehmer des Demokratieprojektes „Parthner“ im Kulturrat Thüringen, der die Potentiale des Projektes geschickt in seinem eigenen Netzwerk der Kreisheimatpfleger der Wartburgregion umzusetzen wusste. Rudolf Funk wirkte an zahlreichen Publikationen wie „Museen und Heimatstuben des Wartburgkreises“ und „Museen in Thüringen“ mit und konzipierten Wanderausstellungen. Mit viel Herzblut hat Rudolf Funk die Aktivitäten der Heimatpflege in der Wartburgregion koordiniert und diese oft sperrigen Anliegen durch vielfältige Kooperationen mit kommunalen und freien Trägern bekannt und interessant gemacht. Rudolf Funk erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für sein langjähriges Engagement als Urgestein der ehrenamtlichen Kreisheimatpfleger Thüringens.

6) Dr. Klaus Moser aus Heringen/Helme/ Landkreis Nordhausen
Dem Beschluss zum Abriss des Schloss Heringen setzten sich engagierte Bürgerinnen und Bürger entgegen und gründeten 1971 die IG Schloss Heringen 1327 e.V.. Die heutige Nutzung des Schlosses lag damals in weiter Ferne. Strukturen konnten erst mit Unterstützung des Betonwerkes Heringen unter Leitung von Dr. Klaus Moser aufgebaut werden. Mit einfachsten Mitteln wurden sichtbare Erfolge erzielt. Mit der Neugründung des Vereins wurde Dr. Moser stellvertretender Vorsitzender. Die 2004 unter Leitung des Thüringer Landesamtes für Denkmalschutz und Archäologie begonnene große Sanierung wurde durch ihn betreut. Mit der Übernahme des Vereinsvorsitzes begann er mit der Erarbeitung eines Museumskonzeptes. Unzählige Besuche in Archiven, Museen und das Einarbeiten in die Geschichte der „Goldenen Aue“ zählen zu seiner Recherche. Am „Tag des offenen Denkmals“ 2013 wurde das „Alte Schloss“ als Museum seiner Nutzung übergeben und eröffnet. Ab 2014 arbeitete Dr. Klaus Moser an der Machbarkeitsstudie zum Aufbau einer Dauerausstellung mit. Diese konnte 2019 eröffnet werden.
Dr. Klaus Moser erhält die Kulturnadel des Freistaats Thüringen für sein langjähriges Engagement als Vereinsvorsitzender der IG Schloss Heringen 1327 e.V..

 

7) Monika Meyer aus Manebach
Als Mitglied im Verein für Heimatgeschichte und Touristik Manebach e.V. erarbeitete Monika Meyer ein Konzept zur Einrichtung des am 1996 eröffneten „Haus des Gastes“ und der darin beherbergten Heimatstube, die noch heute zu besichtigen ist. Liebevoll stattete sie die Räumlichkeiten mit alten Masken und Werkzeugen der in Manebach ehemalig ansässigen Maskenherstellung aus. Die Heimatgeschichte und das alte Brauchtum pflegte sie ganz besonders und stand mit den benachbarten Gemeinden und dem Ilmenauer Stadtarchiv in intensivem Kontakt. Im Jahr 2000 wurde sie von der Stadtverwaltung Ilmenau offiziell zur Ortschronistin berufen. Ihre Tätigkeit führte sie bis 2018 mit unermüdlichem Engagement aus. Monika Meyer ist Leiterin der Manebacher Mundartgruppe, in der alte Dialekte und Redewendungen wieder aufleben. So entstanden Werke wie die CD „Manebächer Gelatsch – So schwatzen mieh“.
Monika Meyer erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für ihr langjähriges Engagement im Verein „Heimatgeschichte & Touristik Manebach e.V.“.

8) Udo Pein aus Gera
Seit acht Jahren engagiert sich Udo Pein für den Förderverein Rechtspflege, Kunst und Kultur Gera e.V.. Ein relativ „trockenes Thema“ kann, mit Kultur und Kunst verknüpft, lebendig und interessant werden, war seine Devise. Mit dieser Idee gründete er 2012 den Förderverein. Von Beginn an organisiert der Verein öffentliche Veranstaltungen, die auf sehr große Resonanz stoßen. Filmprojekte, Vorträge und Lesungen, Hoffeste im Justizzentrum oder Ausstellungen – die Bandbreite lässt nichts aus. Insbesondere in der Arbeit mit Jugendlichen sieht Udo Pein eine seiner Schwerpunktaufgaben. Auch Projekte mit Häftlingen Thüringer Justizvollzugsanstalten gehören zum Vereinsengagement. Ein ganz besonderer Schatz, der Dank des persönlichen Einsatzes von Udo Pein und der Unterstützung des Vereins 2016 gehoben wurde, ist das heute wieder regelmäßige erklingende Geraer Glockenspiel vom Rathausturm. Fast wäre das Carillon für immer verstummt. Udo Pein scheute keine Zeit, Verwaltungswege und Mittelakquise, damit das Glockenspiel nun wieder regelmäßig die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gera erfreuen kann. Für die Stadt Gera war die Initiative, die von Herr Pein ausging, ein wahrer Glückssegen.
Herr Udo Pein erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für sein langjähriges Engagement als Vorsitzender des Fördervereins „Rechtspflege, Kunst und Kultur Gera e.V..

9) Gerlinde Rusch aus Elgersburg
Im Laufe ihrer fast 40-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit baute Gerlinde Rusch mehrere Textilgruppen in Thüringen auf. Noch heute sind die Textil- und Klöppelgruppen in Meiningen, Suhl und Erfurt aktiv. Kontinuität, Fachlichkeit, Zuverlässigkeit und der Wunsch, ihr Wissen weiterzugeben, zeichnen ihre Arbeit aus. Seit 2010 erlangen die beiden Textil- und Klöppelgruppen, die seit 2011 in den Künstlerwerkstätten der Stadt Erfurt ansässig, unter ihrer Regie Preise im experimentellen Klöppeln zum jährlich stattfindenden „Internationalen Deutschen Klöppelkongress“ und zu den „Annaberger Klöppeltagen“. Für die Thüringer Kulturlandschaft sind die Arbeiten der Gruppen einzigartig, zeigen sie doch die Kombination von Tradition und Moderne und bilden eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Gerlinde Rusch führt seit 2007 in Folge die siebte Ausbildung „Textil-Art“ an der Kunst- und Kreativschule in Meiningen durch und vermittelt Grundlagen und experimentelles Gestalten verschiedenster textiler Techniken.
Gerlinde Rusch erhält die Kulturnadel des Freistaates Thüringen für ihr 40-jähriges Engagement als Vermittlerin textiler Handwerkskunst in Thüringen.

10) Dr. Michael Scholl aus Mühlhausen
Als Vorsitzender des Freundeskreises Mühlhäuser Museen prägt Herr Dr. Michael Scholl das kulturelle Leben Mühlhausens und des Unstrut-Hainich-Kreises auf vielfältige Weise. Mit hohem persönlichem Engagement leitet er einen der größten Museumsfördervereine Thüringens. Über 200.000 Euro Spenden konnte er in zehn Jahren mit Hilfe der anderen Vorstandsmitglieder und fast 300 Mitglieder akquirieren. Der Freundeskreis der Mühlhäuser Museen trägt auf hervorragende Weise ebenso zur kulturellen Vielfalt in der Region bei, wie er selbst als Kulturvermittler auftritt. Neben den Mühlhäuser Museumsbällen organisiert Dr.Michael Scholl jährlich zwei Benefizkonzerte. Auch als Gründungsmitglied des Fördervereins des Deutschen Nationaltheaters, als Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsches Nationaltheater und der Staatskapelle Weimar und Mitglied des Freundeskreises des Goethe-Nationalmuseums ist Dr. Michael Scholl überaus aktiv.
Dr. Michael Scholl erhält die Kulturnadel des Freistaats Thüringen für sein langjähriges Engagement als Vorsitzender des Freundeskreises der Mühlhäuser Museen e.V..

Quelle

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