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Die Stadt Weimar hat nach jahrelangem Rechtsstreit das historische Haus der Frau von Stein in Weimars klassischem Zentrum von der bisherigen Eigentümerin in Besitz genommen. Möglich wurde dies durch das vom Landgericht Erfurt bereits im Juni 2024 erlassene zweite Versäumnisurteil gegen die Eigentümerin des Gebäudes, in dem diese unter anderem verpflichtet wurde, das Objekt an die Stadt Weimar herauszugeben. Das Urteil wurde nun mithilfe eines Gerichtsvollziehers vollstreckt, der für die Stadt das Gebäude öffnen ließ und die Stadt förmlich in den Besitz eingewiesen hat. Das Eigentum geht erst mit Eintragung im Grundbuch über, aber auch das ist aufgrund des Urteils möglich und bereits veranlasst.
„Es war ein großer Fehler, das Haus 2008 an den spanischen Investor zu verkaufen. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, diesen Fehler zu korrigieren“, unterstrich Oberbürgermeister Peter Kleine. „Die Wiedererlangung des Besitzes des Hauses ist ein wichtiger Tag für das klassische Weimar! Das Haus der Frau von Stein kann nun wieder einer gesicherten Zukunft entgegenblicken. Die jahrelange Hinhaltetaktik der Eigentümerin ist damit zu Ende. Wir werden das Haus rasch wieder zu einem öffentlichen Ort für die Weimarerinnen und Weimarer und ihre Gäste machen“, erklärte der Oberbürgermeister.
Nach der ersten Begehung des Gebäudes durch die Stadtverwaltung Weimar nach der Wiedererlangung des Besitzes konnten im gesamten Gebäude verschiedene Sanierungsmaßnahmen verzeichnet werden, die jedoch eine baldige Fertigstellung nicht erwarten lassen. Im Vergleich zur letzten Begehung im August 2022 sind augenscheinlich keine Bautätigkeiten mehr erfolgt. Die Stadt hat ein aktuelles Baugutachten zum Zweck der Beweissicherung beauftragt.
Das zweite Versäumnisurteil, auf denen die Inbesitznahme des Hauses der Frau von Stein durch die Stadt beruht, ist zwar noch nicht rechtskräftig, jedoch kann die bisherige Eigentümerin in der Rechtsmittelinstanz keine materiell-rechtlichen Fragen überprüfen lassen, sondern ist darauf beschränkt nachzuweisen, dass sie im letzten Verhandlungstermin am Landgericht Erfurt am 25. Januar 2024 unverschuldet säumig war und das zweite Versäumnisurteil rechtmäßig ergangen ist.
„Das Haus der Frau von Stein darf künftig nicht mehr verkauft werden, sondern muss im Eigentum der Stadt bleiben. Ich werde mich um einen seriösen und finanzstarken Partner bemühen, der die Sanierungsarbeiten zügig wiederaufnimmt und das Haus der Öffentlichkeit zugängig macht“, erklärte OB Peter Kleine.
Hintergrund:
Das Haus der Frau von Stein wurde 2008 von der Stadt an die bisherige Eigentümerin verkauft. Geplant waren unter anderem ein Museum mit Werken von Salvador Dalí, eine Künstlerpension und ein Café. Davon konnte nichts fertiggestellt werden. Nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Investitionsfrist wurden zwischen der Eigentümerin und der Stadt Nachträge zur Erfüllung geschlossen, die jedoch nicht zum für die Stadt gewünschten Ziel führten. Auch ein Güterichterverfahren brachte keine Einigung.
Das historische Gebäude ist für die Weimarer Klassik von besonderer Bedeutung. Erbaut wurde es ab 1770 und diente dem herzoglichen Oberstallmeister Ernst Josias Freiherr von Stein und seiner Gattin Charlotte, der Hofdame Herzogin Anna Amalias und engen Vertrauten Goethes. Nach der deutschen Wiedervereinigung war im Gebäude in den neunziger Jahren zeitweise das Goethe-Institut vertreten.