Erfurt: Verbot der Wasserentnahme aus Fließgewässern

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Auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBI. 1 S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2254), in Verbindung mit § 33 WHG erlässt die untere Wasserbehörde der Landeshauptstadt Erfurt folgende „Allgemeinverfügung zur Beschränkung der Wasserentnahme aus Fließgewässern auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Erfurt“.

Allgemeinverfügung

1. Wasserentnahmen aus Fließgewässern 1. und 2. Ordnung auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Erfurt mittels Pumpvorrichtungen werden bis einschließlich 30. September 2019 untersagt. Die Untersagung gilt auch für Wasserentnahmen, für welche eine gültige wasserrechtliche Erlaubnis vorliegt.

2. Die Allgemeinverfügung gilt ab dem Tag nach ihrer Bekanntgabe. Sie kann jederzeit widerrufen werden.

3. Die sofortige Vollziehung von Ziffer 1. der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

Gründe

Die Landeshauptstadt Erfurt, untere Wasserbehörde, ist für den Erlass dieser Allgemeinverfügung sachlich und örtlich zuständig (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Wassergesetz und §3 Abs. 1 Ziffer 1 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz – ThürVwVfG).

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit haben sich in den Gewässern im Stadtgebiet sehr niedrige Wasserstände eingestellt. Eine Änderung dieser Situation ist derzeit nicht absehbar.

Das Entnehmen oder Ableitung von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer ist gemäß § 33 WHG nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen der Gewässerbewirtschaftung (§ 6 Abs. 1 und §§ 27 bis 31 WHG) zu entsprechen. Diese Mindestwasserführung ist derzeit nicht mehr gewährleistet, sodass die untere Wasserbehörde nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nach pflichtgemäßem Ermessen eine Regelung zur Verhinderung von Gewässerbeeinträchtigungen zu treffen hat.

Da im vorliegendem Fall die Adressaten der vorgenannten, beabsichtigten Regelung nicht individuell bestimmbar, sondern nach allgemeinen Merkmalen (hier: Gewässerbenutzer) bestimmbar sind und darüber hinaus zahlenmäßig nicht feststehen, wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 01. Dezember 2014 (GVBl. 2014 S. 685), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Mai 2018 (GVBl. S. 212), zu erlassen.

Die Allgemeinverfügung ist erforderlich, geeignet und verhältnismäßig, um vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser, die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Natur und das Wohl der Allgemeinheit einschließlich Rechte von Wasserrechtsinhabern zu schützen und zu erhalten. Sie ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen, wassermengen- und wassergütewirtschaftlichen Anforderungen.

Das unter § 25 Abs. 1 Thüringer Wassergesetz (ThürWG) vom 28. Mai 2019 (GVBl. S. 74) als Gemeingebrauch eingestufte Entnehmen von Wasser mit Handgefäßen bleibt von der Allgemeinverfügung unberührt und ist weiterhin zulässig. Somit sind auch die Interessen der Eigentümer und Anlieger der an die Gewässer grenzenden Grundstücke angemessen berücksichtigt.

Rechtsgrundlage für die angeordneten sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung ist § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151). Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung wird gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO wie folgt begründet: Es ist aufgrund der anhaltenden Wetterlage seit Juni 2019 mit sehr geringen Regenniederschlagsmengen und dadurch bedingte extreme Trockenheit des Bodens dringendes Handeln der Landeshauptstadt Erfurt als untere Wasserbehörde zum Schutz der Rechtgüter Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen geboten. Würde die Allgemeinverfügung ohne eine Vollziehungsanordnung erlassen, hätte ein Widerspruch eines Betroffenen aufschiebende Wirkung (vgl. § 79 ThürVwVfG i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es könnte bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiter Oberflächenwasser aus den Gewässern entnommen werden. Es ist aber im dringenden öffentlichen Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit (s.o.) unverzügliches Handeln der unteren Wasserbehörde ohne Aufschub geboten.

Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs (vgl. § 36 Abs. 2 Ziffer 3 ThürVwVfG) und tritt am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.

Hinweise

Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können im Einzelfall mit einem Bußgeld bis zu 10.000 EUR geahndet werden (vgl. § 103 Abs. 2 WHG).
Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadtverwaltung Erfurt, Umwelt- und Naturschutzamt, Stauffenbergallee 18, 99085 Erfurt, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Der Widerspruch kann auch mittels De-Mail mit Absenderbestätigung im Sinne des § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes an die De-Mail-Adresse der Stadtverwaltung erhoben werden. Die Einlegung des Widerspruchs mittels einfacher E-Mail genügt hingegen nicht den Anforderungen an die Schriftform.

Erfurt 18.07.2019

gez. Lummitsch
Amtsleiter


Quelle

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