„Die Gewerbesteuer ist für uns tabu.“ Damit sendet Oberbürgermeister Andreas Bausewein ein positives Signal an alle Erfurter Gewerbetreibenden. Sie befürchten teilweise, dass verminderte Einnahmen bei der Gewerbesteuer durch eine Anhebung ausgeglichen werden könnten.
„Diesen Ausgleich müssen wir an anderer Stelle schaffen“, sagte Steffen Linnert, Beigeordneter für Wirtschaft und Finanzen. „In den nächsten Jahren muss die Stadt sehr kritisch mit ihren Ausgaben umgehen und kann vermutlich nicht jede Forderung und jeden Wunsch erfüllen.“
Das Thema Gewerbesteuer kam im Rahmen des Neujahresempfangs der Wirtschaft am Donnerstagnachmittag auf. Erstmals fand er in diesem Jahr digital statt. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein empfing gemeinsam mit Steffen Linnert und Dr. Tobias Knoblich, Beigeordneter für Kultur und Stadtentwicklung, virtuell Unternehmerinnen und Unternehmer aus Erfurt und dem Umland sowie Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmerverbände.
Als Lichtblick für die Erfurter Wirtschaft sieht Bausewein die Bundesgartenschau, die am 23. April beginnt. „Das ist eine riesige Chance für viele Branchen, die in den letzten Monaten gewaltig gelitten haben“, schätzt Bausewein. Auch in Hinblick auf die „konservativ kalkulierte“ Besucherprognose von rund 1,8 Millionen bleibt er optimistisch. Er hoffe darauf, dass im Laufe des 171-tägigen Gartenfestes die Einschränkungen schrittweise wegfallen und „die Menschen nach einer langen Zeit des Verzichts raus und etwas Schönes erleben wollen“.
Eine Herausforderung für Unternehmen, die sich in Erfurt ansiedeln oder Standorte erweitern möchten: die begrenzte Verfügbarkeit von Gewerbeflächen. „Moderne Dienstleistungsgesellschaften benötigen attraktive Büroflächen“, so Linnert. Ein Hoffnungsschimmer: die ICE-City Ost. Für Dr. Tobias Knoblich zeigt sich hier deutlich: „Stadtentwicklung ist auch Wirtschaftspolitik.“ 35.000 Quadratmeter Bürofläche werden im neuen Quartier zur Verfügung stehen. „Das ist ein großes Experimentierfeld für Akteure, die mit innovativen Ideen nach Erfurt kommen, aber natürlich auch für traditionelle Unternehmen mit konservativen Themenfeldern.“ Mit dieser Mischung soll der entstehende Stadtteil auch wirtschaftlich Schwung für die Landeshauptstadt und darüber hinaus entwickeln.
Deutlichen Aufholbedarf, der insbesondere in der Corona-Krise deutlich wird, sieht Steffen Linnert beim Thema Digitalisierung. „Viele Menschen – und das ist nicht nur in Erfurt so – sind überhaupt nicht in der Lage, im Homeoffice zu arbeiten, weil ihnen der Breitbandanschluss fehlt“, so Linnert. „Der Ausbau findet zu langsam statt, die Baugenehmigungsverfahren dauern zu lange.“ Hier sei die Stadt auch auf die Bundespolitik angewiesen. Gleichzeitig habe die Stadtverwaltung erkannt, dass eigene Prozesse überdacht, verschlankt und beschleunigt werden müssen. „Das ist die Voraussetzung, um Erneuerungs- und Modernisierungsprozesse zu bestehen“, so Linnert.