Am 30. Oktober verleiht die Stadt Weimar die Ehrenbürgerwürde an die französischen Bürger und Buchenwald-Überlebenden Jacques Bloch, Armand Bulwa, Robert Galafrio, Jacques Moalic, Raymond Renaud und Raymond Touraud.
In Kooperation mit dem Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte und der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora findet die Veranstaltung im Rahmen der Eröffnung des Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte statt.
Die Ehrenbürgerurkunden werden am Sonntag, 30.10.2022, 18 Uhr, im Lichtsaal der Notenbank, Steubenstraße 15, Weimar, unterzeichnet. Raymond Renaud wird bei der feierlichen Unterzeichnung anwesend sein und sich anschließend in das Goldene Buch der Stadt Weimar eintragen.
„Im Jahresverlauf gibt es kaum bewegendere Termine, als die Ernennung von Buchenwald-Überlebenden zu Ehrenbürgern der Stadt Weimar. Die Treffen und Gespräche mit ihnen und ihren Familien rütteln auf und inspirieren gleichermaßen. Ich freue mich, Raymond Renaud in Weimar zu empfangen und bin dankbar, dass gleich sechs Überlebende des KZ Buchenwald die Ehrenbürgerschaft der Stadt Weimar werden möchten. Das wird niemals eine Selbstverständlichkeit sein,“ betonte Oberbürgermeister Peter Kleine.
Das Oldtime-Jazz-Ensemble der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, unter der Leitung von Gero Schmidt-Oberländer, wird während der Veranstaltung einige der Musikstücke spielen, die einst das Jazzorchester im KZ Buchenwald zur Aufführung gebracht hat.
Ursprünglich hatte die Association Française Buchenwald-Dora et Kommandos acht Buchenwald-Überlebende vorgeschlagen. Zwei von ihnen sind jedoch kürzlich verstorben. Die Ehrenbürgersatzung sieht eine posthume Verleihung der Ehrenbürgerwürde nicht vor, jedoch wird der Verstorbenen während der Veranstaltung gedacht.
Der Stadtrat der Stadt Weimar hatte am 21.9.2022 der Ernennung der von der Association Française Buchenwald-Dora et Kommandos vorgeschlagenen Personen zu Ehrenbürgern zugestimmt.
Zum Schutz des hochbetagten Geehrten wird darum gebeten, während der Veranstaltung einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
Zu den Geehrten:
Jacques Bloch (KLB 85235), geb. 7. Juli 1924 in Paris. Bloch kommt über seinen Cousin, den bedeutenden französischen Historiker Marc Bloch, zur Résistance, für die er sich ab Februar 1944 unter dem Pseudonym Jacques Binet engagiert. Bei einer bewaffneten Aktion im Juni 1944 wird er so schwer verwundet, dass der Arm amputiert werden muss. Die Gestapo verhaftet Bloch noch im Krankenbett und verhört ihn 7 Tage und 7 Nächte lang. Nach 3 Monaten Einzelhaft erreicht er am 5. September 1944 Buchenwald und wird dem Arbeitskommando Holzhof zugeteilt. Dem Evakuierungstransport im April 1945 kann er entfliehen und nach Frankreich zurückkehren. Nach dem Krieg studiert Bloch Jura und arbeitet in der Verwaltung des Sénat. Seit seinem Ruhestand hat er vielen jungen Menschen über sein Leben berichtet.
Armand Bulwa (KLB 116536), geb. 27. Dezember 1928 in Piotrków (Polen) als Aron Bulwa. Bulwa und seine Familie verbringen von Oktober 1939 an 3 Jahre im Ghetto ihrer Heimatstadt. Seine Mutter und sein jüngerer Bruder werden nach der Liquidierung des Ghettos in Treblinka ermordet, sein Vater stirbt etwas später. Bulwa wird am 14. Oktober 1942 wegen seiner jüdischen Herkunft verhaftet und in Tschenstochau zur Arbeit in einer Gießerei gezwungen. Mit dem Evakuierungstransport dieses Lagers gelangt er am 20. Januar 1945 nach Buchenwald, wo er als politischer Pole und Jude registriert wird. Bulwa wird dem Kinderblock 8 zugewiesen und in Buchenwald befreit. Er gehört zu den 426 Kindern, die im Mai 1945 von Frankreich aufgenommen werden. 1952 nimmt er die französische Staatsbürgerschaft an und legt sich den Namen Armand zu. Seit 1990 spricht Bulwa regelmäßig in Schulen über sein Leben. Armand Bulwa ist Ritter der Ehrenlegion und lebt in Paris.
Robert Galafrio (KLB 40365), geb. 12. Mai 1926 in Paris. Galafrio wird am 6. Dezember 1943 an der spanischen Grenze bei dem Versuch verhaftet, zu den französischen Befreiungskräften nach Nordafrika zu gehen. Der Haft folgt die Deportation nach Buchenwald, wo er am 19. Januar 1944 ankommt und einem Kommando im Gustloff-Werk II zugeteilt wird. Er erlebt die Befreiung am 11. April und kehrt am 26. April 1945 nach Frankreich zurück. Nach dem Krieg übernimmt Galafrio den Vorsitz einer Sektion der Fédération Nationale des Déportés, lnternés, Résistants et Patriotes an seinem Heimatort Cormeilles.
Jacques Moalic (KLB 38348), geb. 3. März 1923 in Brest. Moalic engagiert sich bereits im Juli 1940 in der Résistance. Im Oktober 1943 wird er bei dem Versuch verhaftet, die spanische Grenze zu überqueren und später nach Buchenwald deportiert. Nach seiner Ankunft am 16. Dezember 1943 arbeitet er zuerst im Kommandos Bau III an der Instandhaltung der Eisenbahnstrecke von Weimar nach Buchenwald und später im Kommando Mibau, wo er Motoren für die V2-Rakete baut. Am 7. Januar 1945 wird er in das Außenlager SIII nach Ohrdruf versetzt. Moalic überlebt sowohl die schwere Arbeit im Tunnelsystem als auch den Todesmarsch vom 2. bis 5. April 1945 nach Buchenwald. Dort wird er am 11. April 1945 befreit und kehrt am 29. April 1945 nach Frankreich zurück. Fast 40 Jahre lang arbeitet er für die französische Presseagentur AFP. Er ist Mitglied in zahlreichen Gedenkvereinen und lebt in Paris.
Raymond Renaud (KLB 21448), geb. 13. Juli 1923 in Palinges (Saône-et-Loire). Renaud wird am 3. Dezember 1940 wegen der Verbreitung von Flugblättern erstmals und am 14. August 1942 erneut verhaftet und zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt. Am Ende der Haft steht die Deportation nach Buchenwald, wo er am 18. September 1943 ankommt. Renaud arbeitet im Kommando Gustloff-Werk II und wird später Mitglied der militärischen Einheit der illegalen französischen Lagerorganisation. Er erlebt am 11. April 1945 seine Befreiung und kehrt am 8. Mai 1945 nach Frankreich zurück. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Renaud mit Jugendlichen und trägt zum Erhalt der Erinnerung an die Deportationen bei. Raymond Renaud ist Ritter der Ehrenlegion und lebt in Palinges.
Raymond Touraud (KLB 21716), geb. 8. November 1926 in Bagnolet (Seine-Saint-Denis). Am 18. Juli 1943 entdeckt Touraud zusammen mit seinem Vater eine von einem Flugzeug abgeworfene Waffenkiste und versteckt sie für die Résistance. Am Abend desselben Tages werden beide von der Gestapo verhaftet und nach Buchenwald deportiert, wo sie am 18. September 1943 ankommen. Er wird als Maurer dem Baukommando I zugeteilt und kehrt nach seiner Befreiung am 11. April 1945 nach Frankreich zurück, wo er später als Heizungsinstallateur arbeitet.