Weimar: Klassik Stiftung sucht frühere Besitzer von mehr als 20 Kunstwerken

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Mutmaßlich “Republikflüchtige” ehemalige Besitzer

Die Provenienzforscher*innen der Klassik Stiftung Weimar stießen kürzlich auf ein Konvolut von mehr als 20 Ölgemälden, Pastellen und Aquarellen, deren frühere Besitzer nicht ermittelt werden können. Wem gehörten sie? Viel spricht dafür, dass sie von Personen auf ihrer Flucht aus der DDR zurückgelassen wurden. Die Klassik Stiftung Weimar bittet nun um lhre Mithilfe, um die Eigentümer*innen zu finden.

Die Provenienzforscher*innen der Klassik Stiftung Weimar untersuchen seit 2010 ihre Bestände systematisch auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Seit 2020 widmen sie sich auch den Erwerbungen, welche ihre Vorgängerinstitutionen im Zeitraum 1945 bis 1990 getätigt haben (Sowjetische Besatzungszone und DDR).

Während ihrer Recherchen ist nun ein Sammlungszugang aufgefallen, der un­ge­wöhn­lich ist. Es handelt sich um ein Konvolut von mehr als 20 Ölgemälden, Pastellen und Aquarellen, das im Leihgabeninventar der Staatlichen Kunst­samm­lung­en zu Weimar mit dem Datum 21. November 1963 eingetragen wurde.

Die Objekte tragen die Herkunftsangabe „Leihgaben vom Amt f. Wirtschaftsprüfung, Weimar. Unverkäufliche Restbestände aus dem Besitz von Republikflüchtigen“. Wie kamen sie in den Bestand der Klassik Stiftung Weimar?

Woher kommen die Kunstwerke?

Als Lieferant konnte der VEB Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung identifiziert werden, dessen Weimarer Filiale unter der Adresse Markt 11/12 un­ter­ge­bracht war. In der DDR waren die Büros für Wirtschaftsprüfung offenbar unter an­de­rem zuständig für die Räumung der Wohnungen von Personen, die die DDR verlassen hatten und im behördlichen Sprachgebrauch als „republikflüchtig“ galten. Eindeutige Informaionen zu den Eigentümern der 1963 überstellten Kunst­wer­ke und zum Hin­ter­grund der Übergabe ließen sich bislang jedoch weder im Archiv der Klassik Stiftung Weimar noch in anderen Weimarer Aktenbeständen ermitteln.

Wie ist die Rechtslage?

Die Frage nach den Eigentümern und deren Identität ist von zentraler Bedeutung. Bei Fällen sogenannter Republikflucht gestaltet sich die Klärung der heutigen Ei­gen­tumsverhältnisse jedoch relativ kompliziert. Für Objekte, die während der Zeit der DDR enteignet worden sind, richtet sich die Rückgabe grundsätzlich nach dem Ver­mö­gens­ge­setz. Die entsprechenden Anträge hätten hier bis Juni 1993 gestellt werden müssen.

Im vorliegenden Fall könnte es allerdings sein, dass die Rechtslage eine andere ist. Da in der DDR im Laufe der Zeit unterschiedliche gesetzliche Regelungen galten, kommt es unter anderem auf den Zeitpunkt des Kulturgutentzugs an. Für mehrere Jahre wur­den die Rücklässe sogenannter Republikflüchtiger zu Volkseigentum erklärt, manch­mal jedoch wurden sie lediglich unter Zwangsverwaltung gestellt, die dann wo­mög­lich erst nach der Wiedervereinigung aufgehoben wurde. Während der DDR-Zeit stellte dieser unterschiedliche Umgang mit Eigentum für die jeweils Betroffenen keinen Unterschied dar, da sie faktisch alle enteignet waren. Heute ist ein genauer Blick auf die Vorgänge und Abläufe jedoch wesentlich: Denn wenn keine formale Enteignung erfolgt ist, besteht die Möglichkeit, dass in Verwahrung genommene Objekte noch immer im Eigentum der damals Geschädigten stehen.

In diesen Fällen könnte noch immer ein Anspruch auf Herausgabe bestehen, auf die Antragsfrist 1993 käme es dann nicht an. Dies setzt allerdings eine eingehende Prü­fung der Verlustumstände voraus. Ein sehr starkes Indiz stellt dabei die Tatsache dar, dass die ermittelten Objekte in den Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar bis heute Leihgabenstatus besitzen. Dies deutet darauf hin, dass 1963 die Staatlichen Kunstsammlungen zu Weimar gar nicht neue Eigentümerin der Werke werden sollten.

Die Klassik Stiftung Weimar ist auf weitere Informationen angewiesen. Sie muss nicht nur wissen, wem die Gemälde gehört haben, sondern auch, ob nach 1990 bereits Rück­üb­er­tra­gungs­an­sprü­che gestellt worden sind. Zudem werden nähere In­for­ma­tio­nen zum Entzug benötigt, um etwaige Ansprüche prüfen zu können.

Sie können helfen?

Wenn Sie die Werke erkennen, von deren Eigentümern wissen oder Kenntnisse zu den erwähnten Vorgängen um 1963 haben, wenden Sie sich bitte an das Team Prove­nienz­for­schung und Erbenermittlung der Klassik Stiftung Weimar: provenienzforschung@klassik-stiftung.de.

Externe Links

Hier können Sie Kontakt aufnehmen

Hier können Sie sich vorerst sechs Werke des Konvoluts ansehen. Sie werden stetig ergänzt.

Quelle

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