Die individuelle Regelstudienzeit soll für Studierende an den Thüringer Hochschulen pauschal für das laufende Wintersemester verlängert werden. Darauf haben sich das Wissenschaftsministerium und die Thüringer Landespräsidentenkonferenz (TLPK) bei ihrem Treffen am gestrigen Mittwoch (12.1.2022) geeinigt. Bereits zum dritten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie wird damit das laufende Semester nicht auf die jeweilige individuelle Regelstudienzeit angerechnet, diese also indirekt verlängert. „Damit tragen wir dem aktuellen Pandemieverlauf Rechnung, der die Hochschulen angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen wieder zu einer weitgehenden Abkehr von der Präsenzlehre zwingt“, sagte Tiefensee. Angesichts des erneuten Übergangs zu digitalen oder hybriden Lehrformaten und den damit einhergehenden Belastungen sei dieser Schritt notwendig und schaffe Rechtssicherheit für viele Studierende. Auch die Langzeitstudiengebühren sollen für das Wintersemester 2021/2022 ausgesetzt werden. Das Wissenschaftsministerium wird kurzfristig eine entsprechende Verordnung zur Verlängerung der Regelstudienzeit und zu den Langzeitstudiengebühren erlassen.
Nach Angaben der Thüringer Hochschulen finden inzwischen im Durchschnitt wieder rund 70 Prozent aller Lehrveranstaltungen rein digital statt. Für sehr kleine Veranstaltungen und solche, die Präsenz erfordern, bleibt die Lehre auf dem Campus aber weiterhin möglich und wird teilweise in Hybridformaten angeboten, so dass nicht jederzeit alle Studierenden vor Ort sein müssen. Über die konkrete Umsetzung entscheiden die Lehrenden gemeinsam mit den Studierenden. In allen diesen Fällen gelten erweiterte Schutzmaßnahmen wie Kontaktverfolgung, 3G-Kontrolle, Maskenpflicht, die Begrenzung von Teilnehmerzahlen und die strikte Einhaltung von Mindestabständen. Auch die Versorgung der Studierenden über die Einrichtungen und Angebote des Studierendenwerks Thüringen sei auf diesem Wege sichergestellt. Dieses Vorgehen wollen die Hochschulen zunächst bis zum Ende der Lehrveranstaltungen des Wintersemesters 2021/22 beibehalten.
Der bisherige Kurs, wieder verstärkt auf Präsenzformate zu setzen, sei zu Beginn des Semesters richtig gewesen – „jetzt hat das Pandemiegeschehen allerdings eine Neubewertung der Lage notwendig gemacht“, sagte der Wissenschaftsminister. Land und Hochschulen hätten darauf angemessen reagiert und nähmen so auch die Sorgen und Ängste vieler Studierender ernst. „So unerfreulich das ist und so wenig wir alle uns das gewünscht hätten, wird deshalb nun wieder ein größerer Teil der Vorlesungen und Seminare im Onlineformat abgehalten werden.“ Ein neues Treffen von TLPK und Wissenschaftsministerium ist für Mitte Februar geplant.
Hintergrund
Seit 2017 und bis 2025 stellt das Wissenschaftsministerium im Rahmen der „Thüringer Strategie zur Digitalisierung im Hochschulbereich“ mehr als 32,5 Millionen Euro speziell für die Digitalisierung an den Thüringer Universitäten und Fachhochschulen bereit.
Zur Flankierung der digitalen Lehre hat das Land zudem ein befristetes Programm aufgelegt, mit dem psychosoziale Folgen eines überwiegend auf Online-Formaten beruhenden Studiums aufgefangen werden sollen. Im Rahmen dieses Programms erhalten die Hochschulen gut zwei Millionen Euro, um damit z.B. Mentoren- und Tutorenprogramme, Brückenkurse und zusätzliche Unterstützungsangebote zu finanzieren. Geplant ist zudem eine Ausweitung psychosozialer Beratungsangebote für die Studierenden. Anlass für das Programm war u.a. eine Corona-Sonderbefragung von insgesamt rund 28.000 Studierenden in ganz Deutschland durch das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), deren Ergebnisse auf der Landeswissenschaftskonferenz im September 2021 vorgestellt wurden. Hier zeigte sich u.a., dass Studierende digitale Prüfungsformate eher kritisch sehen und sich Lernrückstände gebildet haben.