Der Freistaat Thüringen wurde im vergangenen Jahr in 819 Fällen als Erbe festgestellt. Die Zahl der Fiskalerbschaften ist damit im Vergleich zu den Vorjahren leicht gestiegen.
In 2020 wurde das Land in 717 Fällen und in 2021 in 784 Fällen Erbe. In 2022 sind insgesamt 3.572.765 Euro aus Fiskalerbschaften in die Landeskasse geflossen. Das ist knapp eine Million Euro weniger als in 2021, aber deutlich mehr als in den Jahren 2019 (2,8 Millionen Euro) und 2020 (2,3 Millionen Euro). Vielfach resultieren die Einnahmen dabei auch aus Fiskalerbschaften, die dem Freistaat bereits in zurückliegenden Jahren zugefallen sind.
In 2022 war der Freistaat verpflichtet, insgesamt 300.000 Euro aus Fiskalerbschaften früherer Jahre an die wahren Erben auszuzahlen. „Taucht ein gesetzlicher oder testamentarischer Erbe auf, der bisher nicht berücksichtigt wurde, weil er nicht bekannt war, dann hat dieser einen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses“, so Finanzministerin Heike Taubert. Die Feststellung des Fiskus als Erbe wird dann widerrufen. Der Herausgabeanspruch des wahren Erben verjährt erst nach 30 Jahren. Wurde der Nachlass in solchen Fällen bereits verwertet, muss der Freistaat die vereinnahmten Erlöse abzüglich der daraus getilgten Verbindlichkeiten und der sonstigen Aufwendungen auszahlen.
Die Kosten für die Verwaltung und Verwertung der Fiskalerbschaften sind zusammen mit der Auszahlung der 300.000 Euro in 2022 auf fast 1,7 Millionen Euro gestiegen. Hinzu kommen noch die Kosten für Personal und den Verwaltungsaufwand. „Deshalb lohnt sich die Feststellung als Erbe für den Freistaat in den allermeisten Fällen nicht. Werthaltige Nachlässe kommen nur sehr selten vor, überwiegend erbt das Land überschuldete Nachlässe, die mit hohem Personal- und Kostenaufwand abgewickelt werden müssen. Insbesondere da, wo baulich desolate Gebäude gesichert werden müssen, weil sich über Jahre hinweg kein Käufer findet“, so Taubert. Denn der Freistaat als neuer Eigentümer muss auch bei durch Fiskalerbschaft übertragenen Grundstücken und Gebäuden die Verkehrssicherungspflichten gewährleisten und entsprechend finanzieren.
In 2021 waren es noch rund 836.000 Euro, die im Zusammenhang mit Fiskalerbschaften gezahlt werden mussten. Außerdem waren in widerrufenen Fiskalerbschaften rund 194.000 Euro an die wahren gesetzlichen oder testamentarischen Erben herauszugeben.
In 2022 erbte der Freistaat Thüringen 337 Flurstücke oder Anteile an Flurstücken. Hinzu kommen noch 172 Flurstücke bzw. Anteile an diesen Flurstücken aus Fiskalerbschaften früherer Jahre, von denen der Freistaat erst jetzt – auch bedingt durch die Grundsteuerreform – erfahren hat. Im Bestand des Thüringer Landesamtes für Finanzen befinden sich gegenwärtig noch fast 4.400 Flurstücke, die verwaltet und veräußert werden müssen.
Im Rahmen der Abwicklung einer Nachlasssache ist das Landesamt zwar bestrebt, die geerbten Flurstücke nach Möglichkeit umgehend zu veräußern, um mit den Erlösen die bestehenden Verbindlichkeiten und Schulden zu tilgen. In vielen Fällen gelingt das aber erst nach Jahren, da vor allem die bebauten Flurstücke wegen des baulichen Zustandes der aufstehenden Gebäude und ihrer Überschuldung nur schwer verkäuflich sind.
Neben Grundstücken fallen auch Geldvermögen, Fahrzeuge oder sonstiges bewegliches Vermögen wie Wohnungseinrichtungen, Schmuck, Uhren, aber auch Wertpapiere oder ganze Unternehmen als so genannte Nachlassgegenstände an. Mitgeerbt wurden auch im vergangenen Jahr u.a. ausstehende Rechnungen für Strom, Heizung und Wasser, nicht beglichene Mietschulden, rückständige Grundsteuerforderungen oder Kreditraten nebst Zinsen. Auch Bestattungskosten gehören zu den Verbindlichkeiten, die der Freistaat zu übernehmen hat.
Immer häufiger schlagen die gesetzlichen oder testamentarischen Erben Erbschaften aus. Das liege oft an den hohen Schulden, die sonst mitgeerbt würden, erläutert Finanzministerin Taubert. Entsprechend erbt der Freistaat diese Schulden, denn er kann die Erbschaften nicht ausschlagen.