Leuchtenburg: 150 Jahre Burggastronomie

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„Bleibt hiernach nur die Wahl, entweder die Leuchtenburg in eine Ruine übergehen zu lassen, oder ihr diejenige Bestimmung zu geben, zu welcher sie ihrer landschaftlichen Lage nach vorzugsweise geeignet ist, die Bestimmung eines touristischen Aufenthaltes!“ Mit diesem wegweisenden Beschluss machte Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg 1873 den Weg frei für die touristische Nutzung der Leuchtenburg. Vor nun 150 Jahren wurde damit die Gastronomie auf der Leuchtenburg begründet. Ein Meilenstein, war doch die jahrhundertelange Epoche der Zuchthauszeit auf der Burg endlich vorüber. Am verlängerten Pfingstwochenende vom 27. bis zum 29. Mai 2023 wollen wir dies feiern.

Geschichten aus 150 JahrenHerzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg
Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg machte den Weg für die touristische Nutzung der Leuchtenburg frei – er initiierte sowohl die Gastronomie, das Hotel als auch das Museum. 1907 stellte man zu seinen Ehren ein Denkmal vor der Leuchtenburg auf, man findet es noch auf vielen historischen Postkarten. Des Herzogs Stern sank allerdings zu DDR-Zeiten, er wurde von Jungpionieren als ⁠Raubvogel des Volkes bezeichnet. Zuerst schossen Pioniere auf das Denkmal, später bauten sie es ganz ab. Heute noch sind die Einschüsse auf seinem Bildnis zu sehen.Der erste Gastwirt
24 Jahre lang war er Gastwirt auf der Leuchtenburg: Carl Schau. ⁠“Vorzügliche Verpflegung, echte Weine und Biere, gute Küche, Pension nach Vereinbarung, größtes Panorama in ganz Thüringen.“ war seine Werbebotschaft. Carl Schau prägte die ersten Jahre des Hotel- und Gaststättenbetriebes.⁠ Er durfte sich Hoftraiteur nennen – eine besondere Ehre des Herzogs.⁠Die ersten Walpurgisnächte
Mi war die kleine Tochter des Leuchtenburger Hotelpächters Franz Sitte, der von 1922 bis 1928 die Wirtschaft führte. Sie erlebten spannungsreiche Jahre um die Jugendbewegung und die ersten Walpurgisnächte. Ihre Erinnerung hat sie festgehalten und schreibt: „Unter der Sommerhalle, wo sich in einem langen, düsteren Gang die ehemaligen Folterkammern befanden, war am Anfang ein etwas größerer heller Raum, der zuletzt wohl als Backstube gedient haben muss. Denn der Backofen war noch vorhanden. Die Wände waren über und über mit Hexen und Teufeln und dergleichen bemalt und hier war nun die Hexenküche. Vor dem großen Backofen, worin dann das Feuer loderte, standen überall ausgehöhlte Kürbisse und Runkeln mit eingeschnitzten Gesichtern und Fratzen, die von innen mit Kerzen erleuchtet waren. Natürlich war auch hier alles bekränzt und  geschmückt. Einige kleine Tische mit Stühlen drum herum und eine Theke waren das gesamte Mobiliar. Heute würde man Hexen-Bar dazu sagen. Nun, dies war halt eine Hexenküche! ⁠Das Interessante und Besondere war, dass hier eine richtige alte, urige Hexe bediente. Was haben wir immer für Spaß gehabt, wenn sie zurecht gemacht wurde! Ausstaffiert mit großem Buckel, einer langen Nase voller Warzen, buntem Kopftuch und natürlich mit dem obligatorischen Besen, auf dem sie zuweilen rittlings, zum Gaudi der Leute durch die Gegend fegte. Ausgeschenkt hat sie nur Hexenblut, Krötengift und ähnliches Teufelszeug mehr.“⁠Die gute Seele Elly
Elly Wenke war ab den 1920er Jahren bis nach Kriegsende um 1949 auf der Burg. Sie war die „gute Seele“ der Gastwirtschaft und zudem eine „hervorragende Köchin“. Kindermädchen für die Kinder des jeweiligen Hotel- und Gastronomiepächters war sie auch – egal ob bei Familie Sitte (1922-28), Familie Köhler (1928-36) oder Familie Rosenkranz (1936-46). Ihr Mann arbeitet auch auf der Burg, er war Hausdiener, Parkplatzwächter und Burgführer.⁠ Was nur wenige wissen, auch ihre Enkel sind heute eng mit der Burg verbunden. Rosi ist jeden Samstag mit der singenden Säge auf der Burg zu hören und ihr Enkel Norbert spielt im Duo Wenzel&Daus live am Pfingstsonntag auf der Burg oder auch regelmäßig im Spielmannshof in Seitenroda.⁠In Kriegszeiten
Marlies Hanemann geb. Rosenkranz war damals 5 Jahre alt, als es im Burghof einen mächtigen Schlag gab. Am frühen Abend des 13. März 1939 ließ ein schwerer Sturm die Wetterfahne vom Bergfried nach unten krachen. Die Zinne, das Dach, einiges war beschädigt. ⁠Diese und viele andere Geschichten erzählt die heute 89-Jährige gern. In der Nebensaison durfte sie beispielsweise in der Burgschänke auf dem Steinfussboden Rollschuh fahren. Auch amüsierte sie sich darüber, dass die Russen, als sie 1945 die Burg besetzten, aus den Porzellan-Nachttöpfen genussvoll ihre Suppen schlürften. Ihr Vater Fritz Rosenkranz war von 1936 bis 1946 auf der Leuchtenburg Hotel- und Gastronomiepächter.⁠

Kosumgaststätte Leuchtenburg
Von 1978 bis 1984 leitete Ehrentraud Metzler aus Großbockedra die Burggastronomie. Damals war die Burggastronomie jedoch nur eine unbeheizte Sommerhalle und wurde saisonal von April bis Oktober bewirtschaftet. Durch das Engagement des Bürgermeisters Edgar Fickler wurde die Gaststätte winterfest gemacht.  Es gab Tage, an denen 600 bis 1.000 Essen ausgegeben wurden, die Burggastronomie war gut besucht. In Erinnerung blieb ihr der Winter 1978/79. Es gab extremes Glatteis, so dass von der Gaststätte bis zum Torhaus eine Leine gespannt werden musste. An der konnten sich die Gäste entlang hangeln. Alle haben im Torhaus geschlafen, keiner kam mehr weg. Alles war ein einziger Spiegel.

Mittelalter trifft Moderne – der mit dem Blick in die Zukunft
1990 hat Sven-Erik Hitzer das erste Mal die Leuchtenburg besucht, mit seinem VW Bus übernachtete er hier. Er übernahm die Gastronomie in den Nachwendewirren und setzt auf ein „neues“ Mittelalterkonzept. Erinnerungen an Ziegen und Jutesäcken im Schanksaal, an wilde Partys, an hunderte Meter lange Autoschlangen, zugeparkte Wege und einem Menschenansturm: Alle wollen hin! Zur Leuchtenburg im neuen Mittelaltergewand. Vor allem an den Ostertagen entwickelt sich ein Burgbesuch zu einem Muss. Sven-Erik Hitzer, auch als Vater der Mittelalterspektakel bezeichnet, setzte in den 1990er Jahren ein neues Nutzungskonzept um. Die Rückkehr zum Mittelalter – durchkomponiert, mit hoher Authentizität und Detailtreue. Bis heute führt er mit seinem Team die Geschicke der Burgschänke und ergriff privat Initiative, als die Leuchtenburg im Winter 2006/07 öffentlich versteigert werden sollte. Er errichtete im Jahr 2007 die Stiftung Leuchtenburg, die Burgeigentümerin werden konnte und entwickelte mit seinen wegweisenden Ideen die Leuchtenburg zu einer der historisch am besten erhaltenen und zugleich modernsten Burganlagen. Seit 33 Jahren nun ist er auf der Leuchtenburg aktiv und führt damit die Liste aller touristischen Burghauptmänner der vergangenen 150 Jahre an – Gratulation!

Die Feierlichkeiten an PfingstenAn den Pfingsttagen werden für die Burggäste Sonderführungen in den sonst verborgenen Schänkenkeller inklusive der alten Hockzellen angeboten. Es gibt Livemusik im Burghof, die Orgel wird gespielt. Alte Bilder entführen in die 150jährige Geschichte und mit der Kutsche darf man um die Burg fahren.
Die Burggastronomie bietet Thüringer Rostspezialiäten & Wildfleisch, Kuchen & Eis.

Einen besonderen Höhepunkt erleben die Gäste am Pfingstmontag. Gemeinsam mit dem Konfuziusinstitut in Erfurt wird es international auf der Burg. Die Gäste dürfen sich an Tuschmalerei und Kalligraphie versuchen. 

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