Die Kosten zum Erhalt des gotischen Meisterwerkes belaufen sich auf 1,6 Millionen Euro
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Erfurt. Mit dem Abbau von drei Skulpturen haben heute (24. Juni) die Sanierungsarbeiten am Triangelportal des Erfurter Domes begonnen. Seit Jahrhunderten setzen vor allem Umwelteinflüsse dem gotischen Meisterwerk zu. Wind, Wasser, Salze, Temperaturwechsel und damit einhergehende bauphysikalische und chemische Reaktionen haben zu Rissen und Ausbrüchen im Sandstein geführt. Besucher des Domes müssen darum seit einigen Monaten auf der Ostseite des Triangels eine Schleuse passieren, die Schutz vor herabfallenden Steinfragmenten bietet. Der westliche Eingang ist ganz gesperrt. Die unumgängliche Sanierung umfasst zwei Bauabschnitte. Einer gilt dem Portal an sich, ein zweiter seinen 36 Skulpturen. Im Frühjahr 2021 sollen nach heutiger Planung alle Arbeiten abgeschlossen sein. Gottesdienste und der Besuch des Domes können bis dahin wie gewohnt stattfinden.
Das Triangelportal ist nicht einfach nur ein Eingang in den Dom. Es handelt sich vielmehr um eine im Grundriss dreieckige Portalanlage mit zwei von mächtigen Maßwerken (Wimpergen) bekrönten doppeltürigen Zugängen. 33 Meter ragt es in die Höhe. Außer den filigran gestalteten Wimpergen lenken vier hohe Spitzbogenfenster und etliche Filialen den Blick des Betrachters zum Himmel und damit, wie es die gotische Baukunst wollte, zum himmlischen Jerusalem. Den Abschluss des Portals bildet eine sechseckige Spitzhaube. Zwischen 1329 und 1337 wurde das Triangel an den Nordarm des romanischen Querhauses gebaut und fasziniert seitdem die Besucher des Mariendomes.
Anfang September wird die Westfassade des Triangelportals eingerüstet. Die Planungen des Dombauamtes sehen vor, den mehrere Meter hohen Wimperg über den beiden Portaltüren Stein für Stein abzubauen und in eine Werkstatt zu bringen. „Dann können die Restauratoren den Wimperg über den Winter bearbeiten, ohne die Kälte fürchten zu müssen“, erklärt Dombaumeister Andreas Gold. Alles andere geschehe vor Ort. „Wir nehmen alles in Angriff, was der Witterung ausgesetzt ist. Zum Arbeitsplan gehört, die Brüstungselemente zu überarbeiten und die Wasserumläufe, die den Niederschlag vom Triangelportal ableiten, zu ertüchtigen“, sagt Gold. Und natürlich würden die Filialen, also die schlanken hohen Strebepfeiler mit ihren zahllosen Einzelteilen, den sogenannten Krabben, überprüft. „Jede lockere Krabbe muss befestigt und bei Beschädigung ergänzt oder ausgetauscht werden.“ Der Dombaumeister hofft, dass die Westfassade, wenn das Wetter mitspielt, Ende Mai oder Anfang Juni 2020 wiederhergestellt ist. Dann geht es mit gleichen Arbeitsabläufen an der Ostfassade weiter. Hier ist der Aufwand etwas größer, weil auch die Nordspitze des Triangels, wo die Skulpturen des heiligen Bonifatius mit seinen Gefährten Eoban und Adolar stehen, mit eingerüstet und bearbeitet wird. Im Frühjahr 2021 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
Der Dombaumeister hofft, dass zu diesem Zeitpunkt auch die 36 Skulpturen, der Blickfang des Triangelportals, wieder im neuen Glanz an ihrem alten Platz stehen. Sie stammen von unterschiedlichen Bildhauern und Werkstätten und entstanden bauzeitlich in den späten 1330er Jahren. Die zwölf Apostel auf der Ostseite und die nach Westen hin aufgestellten törichten und klugen Jungfrauen sowie Darstellungen der Kreuzigung und von Christus mit Maria und Johannes dem Täufer entfalten ein steinernes Bildprogramm um die christlichen Themen Nachfolge Jesu, Hoffnung und Erlösung. 32 dieser Figuren, das ergab die Vorplanung, bedürfen der Sanierung. Wie das aber geschehen soll, steht noch nicht fest. „Anhand der drei abgenommenen Figuren sollen Fachleute ein Sanierungskonzept erstellen. Erst dann können wir entscheiden, welche Figuren in der Werkstatt behandelt werden müssen und bei welchen eine Sanierung vor Ort möglich ist“, sagt Dombaumeister Gold. Die drei am Montag abgebauten Skulpturen stammen darum auch von jeder Seite des Triangels: der heilige Bonifatius von der Nordspitze, eine der törichten Jungfrauen von der Westseite und ein Apostel von der Ostseite. So könne, erläutert Gold, auch der jeweilige Ort der Aufstellung in die Sanierungsplanung miteinbezogen werden.
Das alles kostet natürlich Geld, viel Geld. Nach bisherigem Planungsstand dürften sich die Kosten auf 1,6 Millionen Euro belaufen. Je 400.000 Euro geben das Domkapitel und das Bistum Erfurt. Die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer stellt 50.000 Euro, das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie 20.000 Euro zur Verfügung. Die restlichen 730.000 Euro sollen durch Städtebaumittel und eine Sponsorenaktion, die Dompropst Weihbischof Reinhard Hauke gestartet hat, zusammenkommen.
Quelle: Bistum Erfurt.
Das Triangelportal des Erfurter Domes
Von Dr. Falko Bornschein, Kunstgutbeauftragter des Bistums Erfurt
Zwischen 1329 und 1337 ließ das Marienstift an den Nordarm des romanischen Querhauses das so genannten Triangel erbauen – eine im Grundriss dreieckige Portalanlage mit zwei von mächtigen Wimpergen bekrönten Zugängen.
Das oberhalb der großen Stufenanlage (den Graden) gelegene Hauptportal zeigt die Apostel als Verkünder des Glaubens. Im Gewände des „Apostelportals“ flankieren sie die Gottesmutter mit Kind am Mittelpfeiler und den Gekreuzigten mit Maria und Johannes dem Evangelisten im Tympanon. Letztere verbildlichen die Hauptereignisse der christlichen Heilsgeschichte: die Geburt des Heilandes und seinen erlösenden Opfertod. An der Nordspitze des Triangels stehen Skulpturen der hl. Bischöfe Bonifatius, Adolar und Eoban – des Gründers des Bistums Erfurt und seiner beiden Gefährten und Nebenpatrone des Domes. Adolar galt im Mittelalter zudem als erster (und einziger) Bischof von Erfurt. Unter Ihnen befindet sich eine Nische mit einem Gnadenbild und einem Opferstock.
Das nach Nordwesten weisende Jungfrauenportal verband das Kircheninnere mit dem zwischen Dom und Severikirche gelegenen Friedhof. Es zeigt das Gleichnis der fünf klugen und der fünf törichten Jungfrauen nach Mt 25, 1-13. Im Tympanon thront Christus als Richter, flankiert von der Gottesmutter Maria und Johannes dem Täufer als Fürbitter. Im Motiv des so genannten Gnadenstuhls wird neben der Trinität außerdem die Doppelnatur Christi verbildlicht. Der Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen am Mittelpfeiler stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die auf den rechten Glauben bzw. die Vorsorge im Leben hinsichtlich des Jüngsten Gerichts ausgerichtete Ikonografie des Jungfrauenportals ist stark mit eucharistischem Gedankengut verknüpft. An der Spitze der klugen Jungfrauen erscheint Ecclesia, die Verkörperung der christlichen Kirche, mit Kelch – gegenüber bei den törichten Jungfrauen Synogage mit dem auf das blutige jüdische Opfer hinweisenden Bockskopf.
Die Figuren des Triangels werden unterschiedlichen Bildhauern und Werkstätten zugeschrieben. Sie entstanden bauzeitlich in den späten 1330er Jahren.