Thüringen: Museum für Ur- und Frühgeschichte erhält Inklusions-Gütesiegel in Brüssel
– COME IN! ist der Titel eines länderübergreifenden EU-Projektes mit dem Standards für die Barrierefreiheit in kleineren und mittleren Museen geschaffen werden sollen. Als einziger deutscher Vertreter wurde das Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar ausgewählt – und erhält nun dafür eine Auszeichnung. Die Mitarbeiter haben sich dieser Aufgabe in den letzten drei Jahren mit viel Engagement gestellt. „Es muss erst einmal Klarheit im Kopf geschaffen werden, dass es 10 % der Bevölkerung betrifft, die durch unterschiedliche Einschränkungen vom Besuch ausgeschlossen oder eingeschränkt sind“, erklärt der Museumsleiter, Dr. Diethard Walter. Gemeinsam mit am Projekt beteiligten Museen und Institutionen aus ganz Europa haben die Weimarer Kriterien entwickelt, die für die Gestaltung der Ausstellungen wichtig sind. „Bei einem Netzwerktreffen in Wien hat uns eine blinde Frau durch das Kunsthistorische Museum geführt und die Bilder anhand von taktilen Elementen erklärt“, erzählt Walter begeistert.
Entstanden sind im Museum für Ur- und Frühgeschichte inzwischen sechs Stationen. Bereits im Foyer informiert ein taktiles Leitsystem über die einzelnen Bereiche. An der inklusiven Station „Jungsteinzeithaus“ kann erfühlt werden, wie die Menschen in dieser Zeit gelebt haben. Anhand der Form eines Hauses, eines geflochtenen Weidezauns und weiterer Objekte erfahren Sehbehinderte Details wie die Beschaffenheit von Material und Bau. Den Klimaverlauf vom Eiszeitalter bis zur Gegenwart macht ein plastisches Diagramm deutlich, dem Tiere zugeordnet sind, die damals lebten. Sinnlich wahrnehmbar sind Werkzeuge und deren Verwendung in der Station „Technik“. Der Rundgang wird durch einen speziellen Audio-Führer in leichter Sprache und für Menschen mit Sehbehinderung begleitet. Unter dem Stichwort „Barrierefreiheit“ finden sich auf der Webseite www.alt-thueringen.de alle Informationen für einen Museumsbesuch.
Die Reaktionen auf das neue Angebot sind sehr gut. Für Museumsleiter Walter hat sich der Aufwand gelohnt: „Es ist schön zu sehen, wie Menschen sich freuen, wenn sie im Museum etwas erleben.“ Weitere Unterstützung aus Thüringen erfuhr das Projekt auch durch das Institut für Raum und Verkehr der FH Erfurt, den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung und das Europäische Kultur- und Informationszentrum im Verein NETZ-Medien und Gesellschaft e.V. Erfurt. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden als Handbuch zusammengefasst. Gemeinsam mit dem Museumsverband Thüringen (MVT) soll bereits im Dezember eine Weiterbildung für kleinere und mittlere Museen zum Thema Inklusion stattfinden, um die Museumsmitarbeiter stärker für Barrierefreiheit zu sensibilisieren.
Am 11. September wurde dem Museum für Ur- und Frühgeschichte das COME IN! Label für Barrierefreiheit im Europäischen Parlament in Brüssel überreicht.