Uniklinikum Jena: Comic-Äffchen Manchu klärt Kinder vor Operationen auf

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Hallo, ich bin Manchu, der abenteuerliche Affe, der in der Klinik lebt.“ Mit diesen Worten begrüßt der kleine Affe, der bereits im Narkose-Aufklärungscomic die Hauptrolle spielt, jetzt die Kinder vor Operationen am Universitätsklinikum Jena (UKJ) auch akustisch mit einem Hörtext. Er ist Teil der Studie „HypnoChild“. Sie untersucht, wie eine bessere Aufklärung Angst vor einer Operation reduzieren kann. Experten der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde sowie des Instituts für psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie am UKJ setzen damit gemeinsam mit „Sandruschka“, der Weimarer Illustratorin Sandra Bach, eine Studie zur Aufklärung von Eltern und Kindern mithilfe eines Comics aus dem Jahr 2018 fort. In diesem Comic begleitet Äffchen Manchu den kleinen Jungen Konrad auf seinem Weg zum Eingriff am UKJ und stellt dabei alle notwendigen Abläufe und Mitarbeiter am Klinikum vor. 

„Mit der ersten Studie zum Comic konnten wir belegen, dass das kindgerecht aufbereitete Medium Vertrauen bei Kindern und Eltern geschafft und damit nicht nur die Angst vor dem Eingriff, sondern auch die Schmerzen danach reduziert hat“, so Dr. Claudia Thomas, Oberärztin an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am UKJ. Deshalb ist der Comic auch nach Abschluss der Studie weiter im Einsatz: Jedes Kind am UKJ wird nun damit vor einem Eingriff aufgeklärt. Außerdem begleitet Comic-Äffchen Manchu die Kinder am Jenaer Uniklinikum nun auch an Wänden und Decken von der Aufklärungsambulanz über die Schleuse zum OP bis hin zum Aufwachraum nach dem Eingriff.

„Mit der neuen Studie möchten wir untersuchen, ob Patienten mithilfe einer hypnotherapeutischen Intervention zusätzlich zum Comic noch besser aufgeklärt werden können“, sagt Dr. Anne Schirrmeister, Fachärztin an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am UKJ. Dafür betrachten die Jenaer Experten drei- bis sechsjährige Patienten, die am UKJ eine Adenotomie oder eine Tonsillotomie erhalten. „Beide Eingriffe, sowohl die Entfernung der Polypen, als auch die Entfernung der Gaumenmandeln, sind die wohl häufigsten Eingriffe im Kindesalter“, weiß Dr. Katharina Geißler, Oberärztin an der Jenaer HNO-Klinik. Etwa fünf bis zehn Eingriffe dieser Art finden pro Woche am UKJ statt. „Die Kinder befinden sich im ‚magischen Alter‘ und profitieren damit am meisten von der comichaften Gestaltung. Die recht kleine Altersspanne ermöglicht zudem eine gute Vergleichbarkeit.“

Alle Patienten der Zielgruppe erhalten vor ihrem Eingriff den Narkose-Comic mit einem speziellen HNO-Einleger zur Vorbereitung. Außerdem hat die Hälfte der in die Studie eingeschlossenen Kinder die Möglichkeit, zusätzlich ein hypnotherapeutisches Hörbuch anzuhören. „Mit diesem Hörtext versuchen wir, die Bewertung des Eingriffs positiv zu beeinflussen,“ so Dr. Barbara Schmidt, Hypnose-Forscherin am Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie am UKJ. „Kinder und ihre Eltern sollen die Operation nicht als traumatisches Erlebnis fürchten, sondern als ein aufregendes Abenteuer wahrnehmen.“ Deshalb werden im Text die Abläufe in der Klinik mit Erfahrungen verglichen, die die Kinder bereits selber gemacht haben, beispielsweise bei einem Urlaubsflug oder die sie aus dem Narkose-Comic kennen. „Dabei ist es wichtig, Angst und Schmerz zu thematisieren, ohne die Begriffe direkt zu nutzen. Denn nutzt man sie, werden die zugehörigen Emotionen auch ausgelöst“, weiß Dr. Schmidt. Zwei begleitende Masterarbeiten und eine Doktorarbeit untersuchen die Wirksamkeit der hypnotherapeutischen Intervention. Hierfür wird nicht nur die Angst der Eltern am Tag vor dem Eingriff mittels Fragebogen erfasst, sondern auch das Verhalten der Kinder in der Schleuse unmittelbar vor dem Eingriff beobachtet. Außerdem erheben die Forscher das postoperative Befinden am Tag nach dem Eingriff. Und die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. „Bisher haben wir viel positives Feedback von Kindern und Eltern erhalten“, so Dr. Schmidt. „Manche Kinder hören den Hörtext mehrfach – auch nach dem Eingriff – und freuen sich sogar auf den Eingriff.“ Insgesamt sollen 80 Kinder in die Studie eingeschlossen werden – 40 davon werden neben dem Narkose-Comic auch mithilfe des Hörtextes aufgeklärt. 

Dr. Thomas und ihre Kollegin Dr. Schirrmeister möchten allen Beteiligten danken, die bisher zur Verwirklichung des Projekts beigetragen haben: „Vor allem möchten wir Herrn Prof. Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerztherapie, Frau Prof. Felicitas Eckoldt-Wolke, Leiterin der Klinik für Kinderchirurgie, und Herrn Prof. Orlando Guntinas-Lichius, Leiter der Klinik für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde, für die wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung danken. Zudem geht ein großer Dank an unsere pflegerischen und ärztlichen Kollegen der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, die uns mit ihrem Wissen und ihrem Einsatz jeden Tag bestärken. Ein besonderer Dank geht an Annett Knorn, Antje Göttermann, Claudia Weinmann und Marcus Komann für die organisatorische und wissenschaftliche Unterstützung.“ 

„Mit der Erweiterung unserer Studie können wir unserem Ziel, ein noch kinderfreundlicheres Krankenhaus zu werden, einen weiteren Schritt näherkommen“, ist sich Dr. Thomas sicher.

Hintergrund zur ersten Comic-Studie

Kinder haben vor Operationen oft Angst und möchten sich nicht von ihren Eltern trennen. Doch wie kann die Angst vor einer Operation reduziert werden? Und unterstützt eine bessere Aufklärung dabei, die Schmerzen nach einem Eingriff zu verringern? Um diese Fragen wissenschaftlich zu untersuchen, hat die Arbeitsgemeinschaft Kinderanästhesiologie am UKJ einen Comic zur Aufklärung vor Operationen entwickelt.

241 Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren, die sich im Zeitraum von August 2016 bis August 2018 einer Operation in der HNO-Klinik bzw. Kinderchirurgie am UKJ unterziehen mussten, wurden in der zugehörigen Studie betrachtet. Während die Patienten der Kontrollgruppe mithilfe eines standardisierten Narkoseaufklärungsbogens aufgeklärt wurden, erhielten die Patienten der Comic-Gruppe zusätzlich den Comic. Die Studie zeigte deutliche Ergebnisse: Insgesamt haben sowohl die Eltern als auch die Kinder den Comic als sehr hilfreich erachtet, um sich auf die Operation vorzubereiten. Die Angst der Kinder, die mit dem Comic vor dem Eingriff aufgeklärt wurden, war deutlich geringer als bei der Vergleichsgruppe. Außerdem konnte auch eine Tendenz zu geringeren Schmerzen nach dem Eingriff bei der Comic-Gruppe nachgewiesen werden.

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