Jena: Westbahnhof soll besser angebunden werden

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Keine Bahnhofsmission vorgesehen

Am 26. Januar tagte der Jenaer Stadtrat – pandemiebedingt – im Volkshaus. Neben der Fassung von Beschlüssen oder der Diskussion zu aktuellen Themen werden auch Fragen von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Mitgliedern des Stadtrates beantwortet. Eigentlich werden diese Fragen, die mindestens zwei Wochen vor der Sitzung eingereicht werden müssen, während der Sitzung beantwortet bzw. in der kommenden Sitzung behandelt. Möglich ist es auch, sich die Fragen schriftlich beantworten zu lassen. Diese Möglichkeiten haben die Bürgerinnen und Bürger sowie die Mitglieder des Stadtrates vorgezogen, damit die Stadtratssitzung zügiger durchgeführt werden kann. Allerdings haben die Fragenden keine Möglichkeit, eine Nachfrage zu stellen – sei es, weil eine weitere Frage besteht oder beispielsweise die Beantwortung zu vage war.

Einige Antworten der Stadtverwaltung liegen vor. So zur Frage der bündnisgrünen Stadtratsfraktion, die vom Fraktionsvorsitzenden Heiko Knopf gestellt wurde. In der Einleitung wird Kritik an der Stadtverwaltung geübt, die ” regelmäßig selbst gesetzte Ziele” in der Verkehrswende verfehle. Neben einer Verbesserung der Anbindung an den ÖPNV und Elektromobilität, insbesondere auch die Frage nach dem Bau eines seit lange in der Diskussion und im Radverkehrskonzept verankerten Radweges vom Westbahnhof zum Beutenberg-Campus über das stillgelegte Gleis 3 kommt auch eine nicht ganz zur Mobilität gehörendenden Aspektes hinzu: Die einer Bahnhofsmission.

In der Erfurter Bahnhofsmission beispielsweise werden Reisende betreut, die Ruhe benötigen, auf Hilfe angewiesen sind oder einfach nur einen Kaffee in netter Umgebung trinken möchten. Übernachtungsmöglichkeiten werden nicht angeboten. Reicht in Jena ein Hinweis in einem Schaukasten aus, in der auf eine Obdachlosenunterkunft hingewiesen wird? Einen Ansprechpartner vor Ort ersetzt wohl kaum ein Bett irgendwo in der Stadt – ob Reisende überhaupt dorthin finden, ist fraglich. Abends und am Wochenende ist es in Jena ein kleines Unterfangen, ein Taxi an einem Bahnhof zu sehen oder zu bestellen.

Hier finden Sie die Kleine Anfrage von Heiko Knopf, die den etwas irreführenden Titel “Entwicklung des Bahnhofes Jena-Göschwitz” trägt sowie die schriftliche Beantwortung.

Kleine Anfrage: Entwicklung des Bahnhofes Jena-Göschwitz

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

insbesondere die Mobilität ist für den Klimaschutz in Jena ein sensibler Bereich. Während in anderen Bereichen Erfolge zu vermelden sind, verfehlt die Stadt Jena in der Verkehrswende regelmäßig selbst gesetzte Ziele. Dies bestätigte auch das Monitoring zur Umsetzung des Leitbildes Energie und Klimaschutz, das im Juni im Stadtrat vorgestellt und diskutiert wurde. Investitionen in den ÖPNV, in den Pendler*innenverkehr via Schiene sowie P+R- und Carsharing-Angebote sollten deshalb für Jena hohe Priorität besitzen.
Der Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss beschloss in seiner Sitzung am 31.08.2017 einstimmig die Vorlage „Entwicklung des Bahnhofes Jena-Göschwitz“ (17/1380-BV) mit dem Ziel, den östlichen Eingangsbereich des Bahnhofs zu einem Verknüpfungspunkt zwischen Kfz-, Rad- und Straßenbahnverkehr sowie Regional- und Fernverkehr (DB, Fernbus) umzugestalten. Zur Planung, die in Zusammenarbeit mit der TU Dresden entworfen wurde, gehören auch Verbesserungen für P+R, B+R und eine Mobilitätsstation (E Ladesäulen, Carsharing). Die Realisierung war für das Jahr 2019 geplant.


Ich frage Sie deshalb in diesem Zusammenhang:

  1. In welchem Stadium befinden sich die Planungen zum Bauvorhaben und wann ist mit der Realisierung des Beschlusses aus dem Jahr 2017 zu rechnen? Wie erklärt die Stadtverwaltung die Verzögerung?
  2. Durch welche Maßnahmen plant die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren, um das Potenzial der großen Jenaer Bahnhöfe (Jena-Göschwitz, Jena-West, Jena-Paradies) für umweltfreundlichere Mobilität (insbesondere P+R, B+R, Carsharing, E-Mobilität) besser auszuschöpfen?
  3. Bislang gibt es an keinem der Jenaer Bahnhöfe eine Bahnhofsmission in der auf Reisen und in Notlagen Hilfe angeboten wird. Ist eine solche Mission an einem der Jenaer Bahnhöfe sinnvoll und umsetzbar?

  4. Vielen Dank für die Beantwortung.
  5. Mit freundlichen Grüßen

  6. Heiko Knopf

Die Fragen wurden im Stadtentwicklungsdezernat beantwortet.

Die ausführliche schriftliche Beantwortung finden Sie hier:


Bündnis 90/Die Grünen

Herrn Heiko Knopf

Schillergäßchen 5

07743 Jena

Ihr Schreiben vom 15. November 2021 (eingegangen am 4. Januar 2022)

Kleine Anfrage zur Entwicklung des Bahnhofes Jena-Göschwitz

Sehr geehrter Herr Knopf,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen gerne im Folgenden beantworte.

Zu 1. In welchem Stadium befinden sich die Planungen zum Bauvorhaben und wann ist mit der Realisierung des Beschlusses aus dem Jahr 2017 zu rechnen? Wie erklärt die Stadtverwaltung die Verzögerung?

Die Umsetzung der Planungen des Beschlusses Nr. 17/1380-BV des Stadtentwicklungsausschusses vom 31. August 2017 war gemäß Bauzeiten- und Finanzierungsplan der Stadtverwaltung für das Jahr 2023 vorgesehen. In einem ersten Schritt wurden im Jahr 2018 dafür eine Teilfläche von der Deutschen Bahn AG erworben. Um das vorliegende Konzept gemäß Anlage zum o.g. Beschluss umsetzen zu können, wurde der Erwerb einer weiteren Teilfläche von der DB AG notwendig.

Die diesbezüglichen Verhandlungen mit der DB AG zogen sich über einen längeren Zeitraum hin, in welchem sich die Auffassung der DB AG zu Grundstücksverkäufen grundsätzlich änderte. Schlißelich teilte die DB AG im November 2021 mit, dass sich im Bereich der zweiten Teilfläche betriebsnotwendige technische Ausrüstungen der Bahn befinden, die keine Fremdnutzungen zulassen und einen Flächenverkauf ausschließen.

Die zur Verfügung stehende Fläche umfasst eine Größe von ca. 2.500 qm, die im Gegensatz zur damals vorgesehenen Gesamtfläche von rund 4.000 qm eine wesentlich geringere darstellt. Mit der erworbenen Teilfläche kann das beschlossene Konzept auf der zur Verfügung stehenden Fläche planerisch nicht umgesetzt werden.

Der Fachdienst Mobilität wird in Anlehnung an die vroligende Planung eine Alternative auf der zur Verfügung stehenden Fläche entwickeln. Die Umstzung der Baumaßnahme ist weiterhin für das Jahr 2023 geplant. Dem Stadtentwicklungsausschusses wird das neue Konzept vorgelegt.

Zu 2. Durch welche Maßnahmen plant die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren, um das Potenzial der großen Jenaer Bahnhöfe (Jena-Göschwitz, Jena-West, Jena-Paradies) für umweltfreundlichere Mobilität (insbesondere P+R, B+R, Carsharing, E-Mobilität) besser auszuschöpfen?

Der Bahnhof Jena-Paradies hat mit seinen verschiedenen Ausstattungsmerkmalen bereits heute einen hohgen Reise- und Verknüpfungsstandard erreicht. Hier sind derzeit keine weiteren wesentlichen Maßnahmen geplant.

Für den Bahnhof Jena-West wird gegenwärtig unter Nutzung von EU-Fördermitteln ein Rahmenplan erarbeitet, der sich insbesondere mit der Entwicklung des Bahnhofsumfeldes und dem Umbau zu einem Mobilitätsverknüpfungspunkt beschäftigt. Ziele der verkehrlichen Erschließung sind u.a.:

• Verlagerung und Ergänzung der Bahnanlagen,

• Herausbildung eines starken Verknüpfungspunktes im erweiterten Umweltverbund (Bahn, Bus, Regionalbus, Carsharing, Rad, Taxi),

• Aufwertung des Rad- und Gehwegenetzes,

• Verbesserung der Barrierefreiheit und generationenübergreifenden Zugänglichkeit

Für den Bau des Radweges von Jena-Westbahnhof bis zur Mühlenstraße in räumlicher Nähe zum ehemaligen Gleis 3 ist der Einsatz von Fördermitteln des Landes bzw. der EU möglich. Die derzeitigen Planungen gehen davon aus, dass der Radweg nicht auf dem ehemaligen Gleis 3 sondern auf Flächen der Firmen Schott AG und Carl Zeiss AG angelegt werden muss. Dies hängt mit der schon in Jena-Göschwitz festzustellenden veränderten Haltung der Deutschen Bahn in Bezug auf Grundstücksverkäufe zusammen.

Ziel der Planung ist – wie in Jena-Göschwitz – alle wesentlichen Funktionen eines multimodalen Verknüpfungspunkts zu berücksichtigen.

Zu 3. Bislang gibt es an keinem der Jenaer Bahnhöfe eine Bahnhofsmission, in der auf Reisen und in Notlagen Hilfe angeboten wird. Ist eine solche Mission an einem der Jenaer Bahnhöfe sinnvoll und umsetzbar?

Bei den Bahnhofsmissionen handelt es sich um Einrichtungen der evangelischen und katholischen Kirche. Sie fallen nicht in die kommunale Zuständigkeit. Ihre Arbeit finanziert sich aus kirchlichen Mitteln, Spenden sowie kommunalen Zuschüssen und setzt die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten in den Bahnhöfen seitens der DB AG voraus.

In der Stadtverwaltung Jena sind keine Bedarfe für die Schaffung einer Bahnhofsmission bekannt. Die DB AG würde diese zwar begrüßen, sich jedoch finanziell nicht beteiligen. In Jena weisen in den Bahnhöfen Jena-Paradies und Jena-West Aushänge auf die städtische Notunterkunft „Am Steiger“ hin.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Gerlitz

Bürgermeister und Dezernent.

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