Der Zinssatz bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen wird für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend auf 0,15 Prozent pro Monat gesenkt.
Bisher betrug der Zinssatz 0,5 Prozent monatlich. Der Bundesrat hatte dem entsprechenden Änderungsgesetz Anfang Juli zugestimmt.
„Wir senken den Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von bisher 6 Prozent auf 1,8 Prozent pro Jahr“, sagt Finanzministerin Heike Taubert. Damit setzt die Finanzverwaltung den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2021 um.
Eine Evaluierungsklausel sorgt dafür, dass der Zinssatz auch in Zukunft angemessen bleibt. Die Absenkung des Zinssatzes gilt ausschließlich für die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen. Der Zinssatz für alle anderen Verzinsungstatbestände (Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen und Aussetzungszinsen) bleibt unverändert bestehen.
„Die Thüringer Finanzämter haben bereits mit den Vorbereitungen für die Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung begonnen. Allerdings bitten wir um etwas Geduld, da zunächst die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Sobald die umfangreichen Arbeiten hierzu abgeschlossen sind, erhalten die Bürgerinnen und Bürger ihre Änderungsbescheide von Amts wegen“, so Finanzministerin Heike Taubert. Betroffene Zinsfestsetzungen ergehen deshalb für eine Übergangszeit weiterhin vorläufig oder werden ausgesetzt.
Die Finanzverwaltung bittet deshalb von telefonischen Nachfragen zum Stand der Umsetzung abzusehen.
Für die Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 werden aus der Absenkung (des Zinssatzes auf 1,8 Prozent) Steuermindereinnahmen der Länder insgesamt in Höhe von 871 Mio. Euro in 2022, 175 Mio. Euro in 2023 sowie 235 Mio. Euro in 2024 erwartet. Ab 2025 kommt die volle Jahreswirkung von 262 Mio. Euro zum Tragen. Die Steuerausfälle resultieren im Saldo, weil die Mindereinnahmen aus der Reduzierung des Zinssatzes für Nachzahlungszinsen die entsprechenden Mehreinnahmen für Erstattungszinsen übersteigen. Für Thüringen ergeben sich daraus Mindereinnahmen in Höhe von ca. 29,9 Mio. Euro in 2022, 6,6 Mio. Euro in 2023, 8,8 Mio. Euro in 2024 sowie 9,8 Mio. Euro ab 2025. Werden künftig durch die Evaluierungsklausel Anpassungen des Zinssatzes erforderlich, ändern sich die finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt entsprechend.
Hintergrund
In Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2021 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine rückwirkende verfassungsgemäße Neuregelung des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 zu treffen. Diese Neuregelung wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12. Juli 2022 (BGBl. I S. 1142) getroffen.