EU: diese Maßnahmen sollen die Energiepreise senken

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Die Kommission schlägt eine neue Dringlichkeitsverordnung vor, um die hohen Gaspreise in der EU zu bekämpfen und die Versorgungssicherheit in diesem Winter zu gewährleisten. Dies erfolgt durch gemeinsame Gasbeschaffung, durch Preisbegrenzungsmechanismen an der TTF-Gasbörse, durch neue Maßnahmen zur transparenten Infrastrukturnutzung und zur Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sowie durch kontinuierliche Anstrengungen zur Verringerung der Gasnachfrage. Hier sind die wichtigsten Elemente der Verordnung:

  • Bündelung der Nachfrage in der EU und gemeinsame Gasbeschaffung, um bessere Preise auszuhandeln und das Risiko zu verringern, dass sich die Mitgliedstaaten auf dem Weltmarkt gegenseitig überbieten, bei gleichzeitiger Gewährleistung der Versorgungssicherheit in der gesamten EU;
  • Ausarbeitung eines neuen Referenzwerts für die LNG-Bepreisung bis März 2023 und kurzfristig Vorschlag eines Preiskorrekturmechanismus zur Festlegung einer dynamischen Preisgrenze für Transaktionen an der TTF-Gasbörse und befristete Festsetzung eines Preiskorridors bzw. einer Preisspanne, um extreme Preisspitzen auf Derivatemärkten zu verhindern;
  • standardmäßige Solidaritätsregelungen zwischen den Mitgliedstaaten im Falle von Versorgungsengpässen mit Ausweitung der Solidaritätspflicht auf Mitgliedstaaten ohne direkte Pipeline-Verbindung, damit auch die Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen einbezogen werden; Vorschlag zur Schaffung eines Mechanismus für die Gaszuteilung an Mitgliedstaaten, die von einer regionalen oder EU-weiten Notsituation im Bereich der Gasversorgung betroffen sind.

In Verbindung mit bereits vereinbarten Maßnahmen zur Senkung der Gas- und Stromnachfrage, zur Gasspeicherung und zur Umverteilung von Übergewinnen im Energiesektor werden diese neuen Schritte in diesem Winter und darüber hinaus für mehr Stabilität auf den europäischen Gasmärkten sorgen. Die Maßnahmen werden auch dazu beitragen, den Preisdruck, dem die europäischen Bürgerinnen und Bürger und die europäische Industrie ausgesetzt sind, weiter zu mindern und gleichzeitig die Versorgungssicherheit und einen funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten. Die Kommission wird auch ihre Arbeit in anderen Bereichen fortsetzen, einschließlich der Überarbeitung des Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen bis zum Ende dieses Monats und der Erarbeitung weiterer Möglichkeiten, um die Auswirkungen der hohen Gaspreise auf die Strompreise zu begrenzen.

Darüber hinaus wird die Kommission eine Bedarfsanalyse zu REPowerEU durchführen, um die Energiewende zu beschleunigen und eine Zersplitterung des Binnenmarkts zu vermeiden. Auf dieser Grundlage sollen dann Vorschläge vorgelegt werden, wie die EU ihre finanzielle Schlagkraft bei REPowerEU stärken kann. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, Mittel der Kohäsionspolitik gezielt und flexibel einzusetzen, um die Auswirkungen der derzeitigen Energiekrise auf Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen abzumildern. Hierfür sollen bis zu 10 % der gesamten nationalen Mittelzuweisungen für den Zeitraum 2014–2020 in Höhe von fast 40 Mrd. EUR verwendet werden.

Gemeinsame Beschaffung

Die EU hat bei der Befüllung ihrer Gasspeicher für diesen Winter große Fortschritte gemacht und inzwischen einen Füllstand von mehr als 92 % erreicht, dennoch müssen wir uns auf mögliche weitere Störungen vorbereiten und eine solide Grundlage für das kommende Jahr schaffen. Daher schlagen wir vor, der EU neue Rechtsinstrumente für die gemeinsame Gasbeschaffung an die Hand zu geben. Die Kommission könnte dann einen Dienstleister damit beauftragen, die Nachfragebündelung auf EU-Ebene zu organisieren, den Bedarf an Gasimporten zusammenzuführen und auf dem Markt nach Angebote zu suchen, die der Nachfrage entsprechen. Wir schlagen eine verpflichtende Beteiligung der Unternehmen in den Mitgliedstaaten an der EU-weiten Nachfragebündelung vor. Sie müssten dann mindestens 15 % ihrer Einspeicherziele über diesen Mechanismus erreichen. Den Unternehmen wäre es gestattet, im Einklang mit den EU-Wettbewerbsvorschriften ein europäisches Gasbeschaffungskonsortium zu bilden. Die gemeinsame Beschaffung wird kleineren Mitgliedstaaten und insbesondere kleineren Unternehmen helfen, die sich als Käufer in einer schwächeren Position befinden, bessere Bedingungen für Gaslieferungen auszuhandeln. 

Die Verordnung enthält auch Bestimmungen für mehr Transparenz bei geplanten und abgeschlossenen Gaskäufen, damit sich bewerten lässt, ob die Ziele der Versorgungssicherheit und der Energiesolidarität erreicht werden.  Vor jedem Abschluss eines Gaskaufs oder einer Vereinbarung über ein Volumen von mehr als 5 TWh (knapp über 500 Mio. Kubikmeter) sollte die Kommission entsprechend unterrichtet werden. Sie kann dann eine Empfehlung abgeben, falls sich dieser Kauf negativ auf die gemeinsame Beschaffung, den Binnenmarkt, die Versorgungssicherheit oder die Energiesolidarität auswirken könnte.

Deckelung hoher Preise an den Gasbörsen

Die Großhandelspreise sind seit dem Höchststand im Sommer 2022 zwar gesunken, doch für eine wachsende Zahl von Europäerinnen und Europäern sind sie nach wie vor unhaltbar hoch. Aufbauend auf unserer bisherigen Arbeit mit den Mitgliedstaaten, um die Auswirkungen der hohen Strompreise abzufedern und übermäßige Gewinne im Energiesektor an die Bürgerinnen und Bürger und die Industrie umzuverteilen, schlagen wir heute eine gezieltere Intervention bei den Preisen auf den Gasmärkten vor. Viele Gasverträge in Europa sind an die wichtigste europäische Gasbörse, die TTF, gekoppelt, die den Preis von LNG-Transaktionen in der EU nicht mehr korrekt widerspiegelt. Die Kommission entwickelt daher zusammen mit der ACER einen neuen ergänzenden Referenzwert, um dieser systemischen Herausforderung zu begegnen. Durch diesen neuen Referenzwert wird eine stabile und berechenbare Preisgestaltung für LNG-Transaktionen ermöglicht. Gemäß der vorgeschlagenen Verordnung würde die Kommission die ACER damit beauftragen, ein Instrument zur objektiven Bewertung der Tagespreise zu entwickeln und anschließend einen Referenzwert festzulegen, der von den Energiemarktbetreibern zur Indexierung des Preises in ihren Gasverträgen herangezogen werden könnte.

In der Zwischenzeit schlägt die Kommission vor, einen Mechanismus zur Begrenzung der Preise über die wichtigste europäische Gasbörse, die TTF, einzurichten, der bei Bedarf ausgelöst werden soll. Mit dem Preiskorrekturmechanismus würde vorübergehend eine dynamische Preisgrenze für Transaktionen an der TTF festgelegt. Transaktionen zu einem Preis über der dynamischen Obergrenze wären an der TTF dann nicht zulässig. Dies wird dazu beitragen, extreme Volatilität und überhöhte Preise zu vermeiden. Um übermäßige Preisvolatilität zu begrenzen und extreme Preisspitzen auf den Märkten für Energiederivate zu verhindern, schlägt die Kommission außerdem vor, einen neuen befristeten Preiskorridor zur Begrenzung von Preisspitzen innerhalb eines Tages einzuführen, der von den EU-Derivatebörsen festzulegen wäre. Dadurch werden Energieunternehmen vor großen Preisschwankungen innerhalb eines Tages geschützt.

Um Liquiditätsengpässe zu verringern, mit denen viele Energieunternehmen derzeit bei der Erfüllung ihrer Einschussforderungen bei der Nutzung von Derivatemärkten konfrontiert sind, hat die Kommission heute neue Vorschriften für Marktteilnehmer angenommen, mit denen die Liste der anerkennungsfähigen Sicherheiten vorübergehend auf unbare Sicherheiten, einschließlich staatlicher Garantien, ausgeweitet wird. Zudem hat die Kommission neue Vorschriften erlassen, mit denen die Clearingschwelle von 3 Mrd. EUR auf 4 Mrd. EUR angehoben wird. Unterhalb dieser Schwelle unterliegen nichtfinanzielle Unternehmen keinen Einschussforderungen für ihre OTC-Derivate (außerbörslich gehandelte Derivate). Beide Maßnahmen werden den Unternehmen dringend benötigte Erleichterungen bieten und gleichzeitig die Finanzstabilität wahren. Die Einführung dieser Maßnahmen erfolgt nach umfassenden Konsultationen mit europäischen und nationalen Regulierungsbehörden sowie mit Interessenträgern und Marktteilnehmern. Schließlich verstärken die ACER und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihre Zusammenarbeit, indem sie als Vorsichtsmaßnahme zum Schutz der Marktstabilität eine neue gemeinsame Taskforce einrichten, um ihre Kapazitäten zur Überwachung und Aufdeckung möglicher Marktmanipulationen und möglichen Marktmissbrauchs auf den europäischen Spot- und Derivatemärkten für Energie zu stärken.

Solidarität und Nachfragesenkung

Die Kommission beobachtet die Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage genau. Eine vorläufige Analyse auf der Grundlage der Berichterstattung der Mitgliedstaaten zeigt, dass der Gasverbrauch in der EU im August und September wohl rund 15 % unter dem Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre lag. Um die Verordnung des Rates einzuhalten, werden in jedem Monat bis März ähnliche Anstrengungen erforderlich sein. Die Mitgliedstaaten werden alle zwei Monate über ihre Fortschritte Bericht erstatten. Die Kommission ist bereit, den EU-Alarm auszulösen oder diese Ziele zu überprüfen, wenn sich die derzeitigen Maßnahmen als unzureichend erweisen. Um besser auf eventuelle Notsituationen vorbereitet zu sein, schlägt die Kommission auch Maßnahmen vor, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, den verzichtbaren Verbrauch weiter zu verringern, um sicherzustellen, dass Erdgas für wesentliche Dienstleistungen und Industrien bereitgestellt wird, und um den solidarischen Schutz auf Gasmengen auszuweiten, die für die Stromerzeugung erforderlich sind. Dies darf sich aber keinesfalls auf die Versorgung der Haushalte – bei denen es sich um schutzbedürftige Kunden handelt – auswirken.

Da nicht alle Mitgliedstaaten die erforderlichen bilateralen Solidaritätsvereinbarungen abgeschlossen haben, schlägt die Kommission vor, Standardregelungen festzulegen. Dadurch wird sichergestellt, dass jeder Mitgliedstaat im Notfall gegen einen fairen Ausgleich Gas von anderen Mitgliedstaaten erhält. Die Solidaritätspflicht wird auf nicht angeschlossene Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen ausgeweitet, sofern das Gas in den Mitgliedstaat transportiert werden kann, in dem es benötigt wird. Um die LNG- und Pipeline-Infrastruktur bestmöglich zu nutzen, schlägt die Kommission neue Instrumente zur Bereitstellung von Informationen über die verfügbare Kapazität sowie neue Mechanismen vor, um zu verhindern, dass Marktteilnehmer Kapazitäten reservieren, aber nicht nutzen. Angesichts der mutmaßlichen Anschläge auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 legt die Kommission zudem heute einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zum Schutz kritischer Infrastruktur vor.

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