Die Kommission hat heute Vorschläge zur Modernisierung der Führerscheinvorschriften, auch zur Einführung eines unionsweit gültigen digitalen Führerscheins, sowie neue Bestimmungen vorgelegt, mit denen die grenzüberschreitende Durchsetzung der Verkehrsvorschriften vereinfacht werden soll. Letztes Jahr verloren auf den Straßen der EU über 20 000 Menschen ihr Leben – die überwiegende Anzahl der Opfer war zu Fuß, mit dem Rad, mit Rollern und mit Motorrädern unterwegs.
Mit den neuen Vorschriften, mit denen die EU ihr Ziel „Vision null Straßenverkehrstote“ bis 2050 erreichen will, wird die Sicherheit für alle Straßennutzer erhöht. Autofahrer werden besser auf emissionsfreie Fahrzeuge und auf das Fahren in der Stadt vorbereitet, wo sie sich die Straßen mit immer mehr Zweiradfahrern teilen und viele Menschen zu Fuß unterwegs sind. Fahranfänger können ab dem Alter von 17 Jahren Fahrstunden für den Erwerb eines Führerscheins nehmen und im Rahmen des Konzepts des begleiteten Fahrens Erfahrung sammeln. Diejenigen, die mit 17 die Führerscheinprüfung bestehen, können ab ihrem 18. Geburtstag allein fahren und, sobald die jeweilige Tätigkeit dies zulässt, als Berufskraftfahrer arbeiten. Damit könnte der derzeitigen Fahrerknappheit begegnet werden.
Höhere Sicherheit auf den Straßen und Erleichterungen im Alltag durch moderne Führerscheinvorschriften
Mit den vorgeschlagenen Führerscheinvorschriften ändert sich das geltende EU-Recht und orientiert sich an bewährten, in mehreren Mitgliedstaaten bereits geltenden Verfahren.
Ein zentrales Anliegen der neuen Vorschriften ist die Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit durch u. a. folgende Maßnahmen:
- Eine mindestens zweijährige Probezeit für Fahranfänger nach Bestehen der Führerscheinprüfung und Null Toleranz bei Alkohol am Steuer. Dies ist angesichts der Tatsache, dass junge Fahrer unter 30 Jahren zwar nur 8 % aller Autofahrer ausmachen, jedoch an zwei von fünf tödlichen Zusammenstößen beteiligt sind, besonders wichtig.
- Junge Menschen können ab dem Alter von 17 Jahren bereits ihre Prüfung ablegen und nach dem Konzept des „begleitenden Fahrens“ mit dem Fahren von Pkw und Lkw beginnen und so Fahrerfahrung sammeln.
- Die Ausbildung und Prüfung für den Erwerb des Führerscheins wird so angepasst, dass Fahrer besser darauf vorbereitet sind, sich die Straße mit vulnerablen Nutzern zu teilen. Vor dem Hintergrund des Übergangs der EU zu einer nachhaltigeren Mobilität in den Städten wird dies dazu beitragen, die Sicherheit derjenigen zu erhöhen, die zu Fuß, mit dem Rad, aber auch mit e-Scootern und E-Bikes unterwegs sind.
- Die Fahrtauglichkeit soll gezielter, auch durch Einbeziehung der Fortschritte bei der medizinischen Behandlung von Krankheiten wie Diabetes, bewertet werden. Die Fahrer werden auch ermutigt, ihre Fahrfertigkeiten und ihr Fahrwissen auf dem neuesten Stand zu halten, damit sie mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten.
Zur Vereinfachung der Anerkennung der Führerscheine zwischen den Mitgliedstaaten schlägt die Kommission – als Weltneuheit – die Einführung eines digitalen Führerscheins vor. Dies erleichtert den Ersatz, die Verlängerung oder den Tausch eines Führerscheins erheblich, da alle Verfahren online abgewickelt werden können. Ebenso wird es auch für Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU-Ländern mit vergleichbaren Sicherheitsstandards im Straßenverkehr leichter sein, ihren Führerschein gegen einen EU-Führerschein zu tauschen.
Die aktualisierten Prüfvorschriften werden dem Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen Rechnung tragen. Bewertet werden beispielsweise die Kenntnisse und Fähigkeiten im Zusammenhang mit fortschrittlichen Fahrassistenzsystemen und anderen automatisierten Technologien. Auch werden Fahranfänger lernen, welche Auswirkungen ihr Fahrstil auf die Fahrzeugemissionen hat – etwa durch das rechtzeitige Umschalten zwischen den Gängen. Schließlich wird die zulässige Masse eines Fahrzeugs der Klasse „B“ an mit alternativen Kraftstoffen betriebene Fahrzeuge angepasst, da emissionsfreie batteriebetriebene Fahrzeuge ein größeres Gewicht haben können.
Wirksame grenzüberschreitende Durchsetzung sicherheitsrelevanter Verkehrsvorschriften
Die derzeitigen EU-Vorschriften über die grenzüberschreitende Durchsetzung haben dazu beigetragen, dass gebietsfremde Zuwiderhandelnde nicht anonym bleiben. Trotzdem blieben 2019 rund 40 % der grenzüberschreitenden Delikte ungestraft – entweder, weil der Täter nicht ermittelt oder die Zahlung nicht vollstreckt wurde.
Mit den heutigen Vorschlägen soll dieses Manko behoben werden, indem Strafverfolgungsbehörden Zugang zu nationalen Führerscheinregistern erhalten. Die Kommission schlägt ferner vor, die Rolle der bestehenden nationalen Kontaktstellen zu stärken, damit diese besser mit den an der Untersuchung von Delikten beteiligten Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten können. Damit werden die derzeit noch bestehenden Probleme der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Untersuchung von Verkehrsdelikten behoben.
Zudem erstrecken sich die geltenden Vorschriften auf einige der häufigsten und eklatantesten Verstöße wie Geschwindigkeitsübertretungen und Trunkenheit am Steuer. Die Kommission schlägt vor, den Geltungsbereich der Vorschriften auf folgende Delikte auszuweiten:
- Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands zum vorausfahrenden Fahrzeug
- gefährliche Überholmanöver
- gefährliches Parken
- Überfahren einer oder mehrerer durchgezogener weißer Linien
- Fahren in verbotener Fahrtrichtung
- Nichtbeachtung der Vorschriften über Rettungsgassen
- Fahren mit einem überladenen Fahrzeug
Diese Ergänzungen werden dazu beitragen, die Straflosigkeit bei solchen Delikten zu verringern und die Mitgliedstaaten besser in die Lage zu versetzen, Zuwiderhandelnde aus anderen Mitgliedstaaten zu bestrafen. Damit wird auch die Gleichbehandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Zuwiderhandelnden gewährleistet.
Mit den aktualisierten Vorschriften werden die Rechte von Personen gewahrt, denen Verkehrsdelikte vorgeworfen werden. Für Gebietsfremde bestehen Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein unparteiisches Verfahren, die Unschuldsvermutung und das Recht auf Verteidigung. Diese Rechte werden durch Bestimmungen gestärkt, die gewährleisten, dass Inhalt und Zustellung von Bußgeldbescheiden vereinheitlicht werden, dass Empfänger solcher Bescheide deren Echtheit prüfen können und dass für die Weitergabe von Informationen an Personen, die mutmaßlich ein Verkehrsdelikt begangen haben, standardisierte Anforderungen gelten.
Über ein eigens hierfür eingerichtetes IT-Portal werden Bürgerinnen und Bürger die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Straßenverkehrsvorschriften leicht abrufen und später auch etwaige Bußgelder direkt bezahlen können.