Breitbandkompetenzzentrum soll zur Digitalagentur Thüringen werden

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Bis Mitte des kommenden Jahrzehnts soll in Thüringen ein flächende­ckendes Glasfasernetz entstehen, das Internetzugänge in Gigabit­geschwindigkeit und höchster Übertragungsqualität ermöglicht. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Wirtschaftsministerium auf den Ausbau von Beratungsangeboten, die Neuausrichtung der Breitband­förderung sowie bessere Qualifikation und Information. Das geht aus der neuen „Glasfaserstrategie für den Freistaat Thüringen“ hervor, die Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee auf dem heutigen 8. Thüringer Breitbandgipfel in Erfurt vorgestellt hat. Die „Glasfaser­strategie“ löst die „Breitbandstrategie Thüringen 2020“ aus dem Jahr 2013 ab, deren zentrales Ziel – die flächendeckende Versorgung Thürin­gens mit Breitbandzugängen von 30 MBit/s und mehr – durch die aktu­ellen Förderzusagen von Bund und Land und die damit angeschobenen Investitionen im Umfang von mehr als 400 Millionen Euro absehbar erreicht wird.

„Auch wenn der wirkliche Bedarf an direkten Glasfaseranbindungen, vor allem im privaten Bereich, bislang noch überschaubar ist, müssen wir bereits jetzt die notwendigen Infrastrukturen für das kommende Gigabitzeitalter schaffen“, sagte der Minister. Gerade die Industrie 4.0 sei – beispielsweise für die Echtzeitsteuerung von Maschinen und Prozessen – auf superschnelle Internetleitungen angewiesen. „Die Anforderungen an das Breitbandnetz werden aufgrund neuer digitaler Anwendungen, veränderter Nutzungs­gewohnheiten und technologischer Innovationen in Zukunft weiter massiv ansteigen.“ Ein flächendeckendes Glasfasernetz sei zudem Voraussetzung für die Einführung des Mobilfunkstandards der nächsten Generation („5G“) in den kommenden Jahren. „Für all diese Anforderungen wollen wir uns mit unserer ‚Glasfaserstrategie‘ frühzeitig rüsten.“

Bereits im Zuge der aktuell laufenden Ausbauvorhaben wird bis 2020 Glas­faser in alle Ortschaften Thüringens verlegt sein. Schon dabei können be­stimmte wichtige Einrichtungen und Areale – wie Gewerbegebiete, Bildungs- und Forschungsinstitutionen oder Behörden – unmittelbar mit Glasfaser bis ans Gebäude erschlossen werden. Das eigentliche Ziel ist es perspektivisch aber, darüber hinaus Schritt für Schritt flächendeckend eine Glasfaserinfra­struktur aufzubauen, die Glasfaserleitungen bis an das Grundstück bzw. Gebäude bringt (sog. „FTTB“ = Fiber to the Building). Dieses Ziel soll laut „Glasfaserstrategie“ in mehreren Zwischenstufen erreicht werden:

  • bis 2022: flächendeckender Anschluss aller Thüringer Gewerbegebiete und Unternehmen;
  • bis 2023: flächendeckender Anschluss aller Bildungs- und Forschungs­einrichtungen, insbesondere Hochschulen, Berufsschulen und allgemein­bildende Schulen;
  • bis 2024: flächendeckende Anbindung von Verwaltungseinrichtungen und öffentlichen Gebäuden des Landes und der Kommunen;
  • bis etwa 2025: flächendeckende Verfügbarkeit von Gigabitnetzen auf Glasfaserbasis in jeder Gemeinde möglichst bis an die Gebäude.

 

Zur Umsetzung dieser Strategie wird das Wirtschaftsministerium folgende konkrete Maßnahmen umsetzen:

  • Thüringer Digitalagentur: So wird das bisherige Breitbandkompetenz­zentrum zur „Digitalagentur Thüringen“ (DIT) weiterentwickelt, die digitale Technologien, Anwendungen und Inhalte zusammen betrachtet. Die Digitalagentur wird als zentraler Ansprechpartner für alle Akteure und Nutzer dienen, Informationen über den Stand des Breitbandausbaus erheben und in einer Infrastrukturdatenbank sowie einem jährlichen Digitalisierungsmonitor zur Verfügung stellen, zwischen den zuständigen Ebenen und Verantwortlichen vermitteln und Ausbauvorhaben koordinieren.
  • Entlastung der Kommunen: Die Kommunen sollen – soweit sie dies selbst wollen und es rechtlich zulässig ist – von einer aktiven Rolle bei der Planung, Koordinierung und Finanzierung von Ausbauvorhaben weitestgehend freigestellt werden. So wird die Möglichkeit geschaffen, dass das Land das Projektmanagement für den Glasfaserausbau über­nimmt, um diesen auch landesweit koordinieren zu können. Auf Bundes­ebene setzt sich das Land dafür ein, die Kommunen vollständig von den Ausgaben für den Breitbandausbau zu befreien. Zur Vorfinanzierung der Ausbauprojekte hat das Land ein zinsloses Breitbandkredit-Programm aufgelegt, das zur Zwischenfinanzierung von Förderbescheiden genutzt werden kann.
  • < > Für Mitarbeiter in Verwaltungen, Unterneh­men sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen soll ein kontinuier­liches Angebot von Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen zu allen Fragen rund um den Glasfaserausbau geschaffen werden.Bekenntnis zu weiterer Förderung: Auch wenn Investitionen privater Telekommunikationsunternehmen Priorität haben, bekennt sich das Land dazu, auch künftig Fördermittel für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur zur Verfügung stellen und dabei, soweit wie möglich, die Kommunen von der Beteiligung an den Ausbaukosten freizustellen. Damit in der Über­gangsphase bis zu einem flächendeckenden Ausbau kein Digitalisie­rungsprojekt an einer fehlenden Breitbandanbindung scheitert, wird für Unternehmen ein „Glasfaserbonus“ geschaffen. Auch für berufs- und allgemeinbildende Schulen soll ein Förderprogramm aufgelegt werden, mit dessen Hilfe bestehende Versorgungslücken geschlossen werden können.
  • Glasfaser im öffentlichen Eigentum: Darüber hinaus wird die Möglich­keit geprüft, Teile des Glasfasernetzes nach den Grundsätzen des „Open Access“ im Eigentum der öffentlichen Hand – z.B. im Rahmen einer lan­desweiten Infrastrukturgesellschaft – zu errichten. Ein solches aus öffent­lichen Mitteln geschaffenes Glasfasernetz wird dann den Telekommuni­kationsunternehmen gegen Entgelt zur Verfügung stehen und so eine Refinanzierung der Ausbaukosten ermöglichen.
  • Neue politische Grundsätze: Maßnahmen zur bloßen Netzoptimierung dürfen künftig keinen Vorrang vor dem Glasfaserausbau mehr haben. Das Land wird seine Fördermaßnahmen ab dem Jahr 2019 ausschließ­lich auf den Glasfaserausbau – und hier für FTTB-Ausbauprojekte – kon­zentrieren. Zudem muss dem Aspekt der Daseinsvorsorge aus Landes­sicht künftig auch bei Breitbandversorgung stärker Rechnung getragen werden: Eine Belastung der Kommunen mit Ausgaben und Aufwendun­gen zum Glasfaserausbau wird daher abgelehnt.

 

„Mit der Glasfaserstrategie wählen wir einen realistischen, aber dennoch am­bitionierten Ansatz“, sagte Wirtschaftsminister Tiefensee. Statt kurzfristiger Vollzugsdaten und willkürlicher Übertragungsraten habe sich das Land damit ein klar definiertes Infrastrukturziel gesetzt. „Mit einer solchen Infrastruktur ist Thüringen für die digitale Gesellschaft des 21. Jahrhunderts hervorragend aufgestellt.“

Allerdings werde der flächendeckende Neuaufbau des Glasfasernetzes nicht auf einmal und nicht innerhalb weniger Jahre gelingen, so der Minister wei­ter. „Aber wir werden dafür sorgen, dass alle diejenigen, die Gigabitanschlüs­se schon heute benötigen, diese auch kurzfristig erhalten – wie z.B. Unter­nehmen, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen; und alle anderen dann, wenn neue Anwendungen, Technologien und Nutzerinteressen den entsprechenden Bedarf dafür schaffen.“ Unabhängig davon werde das Land dafür sorgen, dass in der Übergangsphase zwischen dem derzeitigem Aus­baustand und dem langfristigen Infrastrukturziel kein Digitalisierungsprojekt in Thüringen an einem fehlenden Breitbandanschluss scheitert.

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