Thüringen, vertreten durch die zuständige Infrastrukturministerin Birgit Keller, hat gestern (15. Januar) Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erhoben. Die Thüringer Landesregierung ist der Auffassung, dass die bisherige Befassung der Bundesnetzagentur mit dem Thüringer Trassenkorridorvorschlag nicht ausreichend ist und damit letztlich die landesplanerischen Rechte Thüringens verletzt.
„Die Planungen für die Stromtrasse mit einem Vorzugskorridor durch Thüringen entsprechen nicht den bundesgesetzlichen Vorgaben. Das Gebot der Geradlinigkeit, das sich der Bund selbst zum Maßstab gemacht hat, wird nicht ausreichend angewandt“, sagt die Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Birgit Keller, zur Klageerhebung Thüringens.
„Wir haben sogar eigene Planungen für einen geradlinigen Trassenkorridor in das Verfahren eingebracht. Diesen Vorschlag will die Bundesnetzagentur jedoch nicht in das weitere Verfahren einbeziehen. Gerade dagegen wehren wir uns. Eine ordentliche Planung kann nur dann gelingen, wenn auch unser Vorschlag ausreichend gewürdigt und einer vertieften Betrachtung unterzogen wird. Da die Bundesnetzagentur diese rechtlich und fachlich fundierten Argumente nicht berücksichtigt, bleibt uns keine Wahl, als die Angelegenheit vor Gericht zu klären“, erläuterte Keller das weitere Vorgehen.
Mit der beim Bundesverwaltungsgericht eingereichten Klage verlangt der Freistaat die Einbeziehung seines Trassenkorridorvorschlags in das Verfahren. „Dabei geht es nicht darum, einen bestimmten Trassenverlauf zu erzwingen oder einen anderen zu verhindern. Es soll vielmehr bereits in diesem frühen Stadium sichergestellt werden, dass nicht bereits jetzt durch die Nichtberücksichtigung unseres Vorschlags Fehler gemacht werden, die später nicht mehr korrigiert werden können und dann zur Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens führen. Denn zumindest das Gebot der Geradlinigkeit wird durch den Umweg der geplanten Stromtrasse über das Gebiet des Freistaats Thüringen verletzt“, erläuterte Ministerin Keller.
„Es handelt sich bei dem Bundesfachplanungsverfahren nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz um ein neues Verfahren, zu dem noch keine Urteile vorliegen. Ich stehe zu meinem Wort, nichts unversucht zu lassen. Außerdem sehe ich es als meine Verantwortung an, frühzeitig auf die erkannten Fehler aufmerksam zu machen und so der Bundesnetzagentur noch eine Korrektur zu ermöglichen“, sagte Keller.
Ausgestaltet ist die Klage als Bund-Länder-Streit, d. h. einem Streit zwischen dem Land Thüringen und der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträgerin der Bundesnetzagentur. Für solche Streitigkeiten ist unmittelbar das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als höchstes deutsches Verwaltungsgericht zuständig.
Begleitet wird der Hauptsacheantrag von einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass in die nächsten Verfahrensschritte durch die Bundesnetzagentur auch der Thüringer Trassenkorridorvorschlag einbezogen wird.
Hintergrund: Derzeit wird das sogenannte Bundesfachplanungsverfahren nach § 8 Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) durch die Bundesnetzagentur vorbereitet. In dessen Ergebnis soll ein Trassenkorridor für die SuedLink-Erdkabel festgelegt werden. Ein solcher Trassenkorridor hat die Breite von einem Kilometer. Erst danach wird dann der konkrete Verlauf der Stromleitung innerhalb dieses Trassenkorridors im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens festgelegt.
Gegenwärtig befinden sich noch mehrere Trassenkorridorvarianten (s.a. Karte in der Anlage) für den SuedLink, der Windstrom vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel bzw. Wilster nach Großgartach bei Heilbronn und Grafenrheinfeld bei Schweinfurt transportieren soll, im Verfahren. Denkbar wäre nach Vorstellung der Bundesnetzagentur sowohl ein Verlauf durch Osthessen als auch durch Westthüringen. Der Verlauf durch Westthüringen ist die Vorzugsvariante der Übertragungsnetzbetreiber. Ein solcher Verlauf begegnet jedoch entschiedener Kritik der Thüringer Landesregierung.