Deutschland hat sich in der Istanbul-Konvention dazu verpflichtet, alle Frauen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt zu schützen. Damit auch ausländische Frauen, deren Aufenthaltsgenehmigung von ihrem Mann abhängt, vollumfänglich durch die Konvention geschützt werden, hat Thüringen gemeinsam mit den Ländern Bremen, Berlin und Hamburg den Antrag „Rücknahme der Vorbehalte zu Artikel 59 der Istanbul-Konvention“ mit der Drucksachen-Nummer 560/21 in den Bundesrat eingebracht. Der Antrag soll am nächsten Freitag in der 1008. Sitzung des Bundesrates behandelt werden.
Hierzu Frauen- und Familienministerin Heike Werner: „Die Istanbul-Konvention soll alle Frauen vor Gewalt schützen – auch ausländische Frauen, deren Aufenthaltsgenehmigung von ihrem Mann abhängt. Wenn es genau dieser Mann ist, der ihre Gesundheit, ihr Leib und Leben bedroht, ist es unmenschlich, sie der Abschiebung auszusetzen. Die Bundesregierung muss daher zwingend ihre Vorbehalte gegen Artikel 59 der Konvention zurücknehmen. Von Gewalt betroffene Frauen dürfen nicht abgeschoben werden.“
Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler sagt hierzu: „Wenn eine Frau sich keine Hilfe bei erlittener Gewalt sucht, weil sie befürchtet, dass sie das Land verlassen muss, ist dies zutiefst inhuman. Eine solche zynische Haltung steht diesem Land nicht gut zu Gesicht – schon gar nicht angesichts der erneuten Bedrohungen, die Frauen in Afghanistan ausgesetzt sind. In der Istanbul-Konvention ist nicht umsonst vereinbart, dass alle Frauen vor Gewalt geschützt werden sollen. „Alle“ heißt dann auch alle.“
Hintergrund:
2011 hat die Bundesrepublik Deutschland das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) unterzeichnet. 2017 wurde diese ratifiziert und ist seit dem 01. Februar 2018 in Kraft (BGBl 2017, S. 1026). Die Bundesregierung hat bereits bei Zeichnung der Konvention 2012 von Artikel 78 der Konvention Gebrauch gemacht und Artikel 59 mit zwei Vorbehalten belegt. Damit sind die Rechtswirkungen von Artikel 59 Absatz 2 und 3 der Konvention für Deutschland ausgeschlossen.
Artikel 59 Absatz 2 Istanbul-Konvention verpflichtet die Staaten, sicherzustellen, dass in Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt Ausweisungsverfahren von Betroffenen ausgesetzt werden, wenn deren Status von dem der (Ehe-)Partner abhängt und diese ausgewiesen werden. Betroffene sollen in die Lage versetzt werden, einen eigenständigen Titel zu beantragen.
Nach Artikel 59 Absatz 3 der Konvention sollen Gewaltbetroffene einen verlängerbaren Aufenthaltstitel erhalten, wenn ihr Aufenthalt auf Grund ihrer persönlichen Lage oder zur Mitwirkung in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren erforderlich ist.