Weimar: Stadt verbietet die Wasserentnahme aus Gewässern

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Auch in Weimar zeigt die langanhaltende, bereits das zweite Jahr in Folge auftretende, außerordentliche Trockenheit negative Auswirkungen auf unsere Gewässer. Sowohl die Ilm als auch die anderen städtischen Gewässer haben bereits über lange Zeiträume nur Niedrigwasserstand.

Zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt in und an unseren Gewässern und zum Erhalt der ökologischen Funktion der Gewässer erlässt die Stadt Weimar in Form einer Allgemeinverfügung ein zeitlich befristetes Verbot zur Entnahme von Wasser aus der Ilm und den übrigen Bächen im Stadtgebiet. Dieses Entnahmeverbot dient der Sicherung eines Mindestabflusses und damit der Erhaltung des Lebensraumes für alle aquatischen Lebewesen.

Die in Zeiten von extremer Trockenheit auftretenden Beeinträchtigungen des ökologischen und chemischen Gewässerzustandes sollen so gemildert werden. Das Verbot tritt einen Tag nach der Veröffentlichung der Allgemeinverfügung im Rathauskurier vom 27. Juli 2019 in Kraft und gilt zunächst bis 30. September 2019.

Die Stadtverwaltung Weimar bittet um Verständnis für diese aus wasserwirtschaftlicher Sicht notwendige Maßnahme und im Sinne unserer Gewässer um Einhaltung des Verbots.

Öffentliche Bekanntmachung der Stadt Weimar

Die kreisfreie Stadt Weimar erlässt gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i. V. m. § 74 Abs. 3 Satz 1 Thüringer Wassergesetz (ThürWG) und § 41 Abs. 3 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) folgende

I. Allgemeinverfügung zur Untersagung von Wasserentnahmen aus Gewässern

1. Der wasserrechtliche Gemeingebrauch gemäß § 25 WHG i. V. m. § 25 ThürWG wird wie folgt beschränkt: Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern in Weimar wird untersagt. Ausgenommen ist das Schöpfen mit Handgefäßen für das Tränken von Vieh.

2. Wasserrechtliche Erlaubnisse, die eine Entnahme von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer zulassen, werden befristet bis zum Außerkrafttreten dieser Allgemeinverfügung widerrufen. Nach Außerkrafttreten dieser Allgemeinverfügung treten die wasserrechtlichen Erlaubnisse im ursprünglichen Umfang wieder in Kraft.

3. Die Untere Wasserbehörde kann eine widerrufliche Ausnahme von den Regelungen in Nr. 1 und 2 erteilen, wenn die Auswirkungen auf die Ordnung des Wasserhaushalts und den Schutz der Natur nicht erheblich oder nachhaltig sind oder wenn die Regelungen zu einer unbilligen Härte führen würden.

4. Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.

5. Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem Tag nach ihrer Bekanntmachung (§ 41 Abs. 4 Satz 4 ThürVwVfG). Sie tritt mit Ablauf des 30. September 2019 außer Kraft.

II. Begründung

Rechtsgrundlage für Nr. 1 dieser Allgemeinverfügung ist § 25 Abs. 4 ThürWG. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 61 Abs. 1 ThürWG i. V. m. § 3 Abs. 1 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG). Danach kann der Gemeingebrauch zum Wohl der Allgemeinheit, insbesondere zum Schutz des Wasserhaushaltes, beschränkt oder verboten werden. Die unter Nr. 1 geregelte Beschränkung des Gemeingebrauchs ist erforderlich, um bei der langanhaltenden außerordentlichen Trockenheit die Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern vor Schaden zu bewahren. In den Monaten April bis Juli 2019 ist weniger als die Hälfte des sonstigen langjährigen Durchschnittswertes an Niederschlägen gefallen. Dies führte zu einer langen Phase von sehr niedrigen Wasserständen. Diese Verfügung wird wegen der anhaltenden Trockenheit und der aktuellen Wetterprognose, die keine Phase mit umfangreichen flächendeckenden Niederschlägen erwarten lässt, bis zum 30. September 2019 beschränkt. Sollte sich an der Wetterlage bis dahin nichts geändert haben, ist vorgesehen, den Zeitraum der Einschränkung des Gemeingebrauchs ggf. zu verlängern.

Rechtsgrundlage für Nr. 2 dieser Allgemeinverfügung ist § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG. Die Untere Wasserbehörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen. Wasserentnahmen, die über den Gemeingebrauch hinausreichen, bedürfen gemäß § 8 und § 9 WHG einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Die Regelung in Nr. 2 ist geeignet und erforderlich, um sicherzustellen, dass durch die erlaubten Wasserentnahmen in extremen Trockenzeiten Beeinträchtigungen des ökologischen und chemischen Gewässerzustandes vermieden werden können. Die derzeit kritischen Gewässerzustände machen ein Verbot zur Entnahme erforderlich, lediglich eine Beschränkung der Entnahme reicht nicht aus. Grundsätzlich gewährt eine erteilte Erlaubnis kein Recht auf uneingeschränkte Benutzung und ist widerruflich erteilt (§ 18 Abs. 1 WHG). Die Schutzgüter Wasserhaushalt und Natur wiegen in diesem Fall höher als das Interesse der Wasserrechtsinhaber an einer unbeschränkten Ausübung ihrer Wasserentnahme.

Durch die Regelung in Nr. 3 ist es möglich, in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von den Regelungen in Nr. 1 und 2 zuzulassen.

Die Anordnung zur sofortigen Vollziehung liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung VwGO). Es ist nicht vertretbar, dass durch Einlegung von Rechtsmitteln bestehende Wasserentnahmen im Rahmen des Gemeingebrauchs fortgesetzt werden können und dadurch die Ordnung des Wasserhaushalts weiter verschlechtert wird. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestabfluss nicht mehr zu gewährleisten.

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadtverwaltung Weimar, Umweltamt, Schwanseestraße 17 in 99423 Weimar, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift einzulegen. Bei schriftlicher Einlegung des Widerspruchs ist die Widerspruchsfrist nur gewahrt, wenn der Widerspruch vor Ablauf dieser Frist bei der Behörde eingegangen ist.

Die Einlegung eines Widerspruchs hat hier wegen der Anordnung zur sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

IV. Hinweise

Die Einhaltung des Entnahmeverbotes wird überwacht. Auf die Bußgeldvorschriften des § 103 Abs. 1 Nr. 1 WHG und des § 77 Abs. 1 Nr. 16 ThürWG wird hingewiesen. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren erfolgen (§ 25 Abs. 4 Nr. 1 ThürWG und § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG i. V. m. § 74 Abs. 3 ThürWG) und eine Geldbuße verhängt werden (§ 77 Abs. 2 ThürWG).

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