Hartmut Eckhardt aus Weimar, Rosemarie Fickel aus Bauerbach, Silke Gablenz-Kolakovic aus Jena, Helgard Groß aus Neumühle/Elster, Manfred May aus Benshausen, Dr. Manfred Schröter aus Nordhausen und Prof. Dr. Jochen Süß aus Lippersdorf-Erdmannsdorf werden mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Im Namen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird Ministerpräsident Bodo Ramelow die Ehrung am Donnerstag, 3. März 2022, ab 15 Uhr im Augustinerkloster zu Erfurt vornehmen.
In den Laudationes auf die Ausgezeichneten heißt es u. a.:
Hartmut Eckhardt aus Weimar wird das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für sein herausragendes ehrenamtliches Engagement für Völkerverständigung, Frieden und Zusammenhalt in Europa verliehen.
Seit 1995 organisiert Hartmut Eckhardt jedes Jahr Bürgerreisen in diverse europäische Städte, um den europäischen Gedanken der Bürgerbegegnungen und des Kulturaustausches zu fördern und zu wahren.
Die erste Weimarer Bürgerreise mit über 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern führte in die italienische Partnerstadt Siena. Bei den folgenden Reisen machten sich teilweise über 500 Weimarer Bürgerinnen und Bürger auf den Weg in Partnerstädte der Klassikerstadt und in die jeweiligen Kulturhauptstädte Europas.
Als Ideengeber und akribischer Planer kann er bis heute auf 24 Reisen zurückblicken, bei denen beispielsweise Kranzniederlegungen und die Pflanzung eines Baums der Freundschaft die Verbindung schaffen zwischen der Vergangenheit und der europäischen Idee der Gegenwart und der Zukunft.
Die von ihm ausgewählten Reiserouten bieten den Reisenden ganz bewusst die vielfache Möglichkeit zur Begegnung mit den europäischen Freundinnen und Freunden. Hartmut Eckhardt trägt mit diesem Engagement nicht zuletzt zur Verständigung zwischen den Ländern und Völkern Europas bei.
„Durch die vielen Begegnungen an ganz unterschiedlichen Gedenkorten wurden Verbindungen geschaffen, die auf lange Sicht der Völkerverständigung dienen“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Denn gerade die aktuelle Situation macht deutlich, wie eine scheinbar festgefügte Ordnung innerhalb kürzester Zeit brüchig oder von einem Tag auf den anderen völlig obsolet werden kann. Es ist umso wichtiger, dass es Menschen gibt, die sich unermüdlich für unsere europäischen Werte einsetzen. Zum Dank für seinen Einsatz, den man mit Fug und Recht als eine Lebensaufgabe bezeichnen kann, darf ich Hartmut Eckhardt das Bundesverdienstkreuz am Bande überreichen und wünsche noch viele erfüllende Reisen zu unseren europäischen Nachbarinnen und Nachbarn.“
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Rosemarie Fickel aus Bauerbach wird mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für ihr jahrzehntelanges bürgerschaftliches Engagement als Bürgermeisterin der Ortschaft Bauerbach bei Meiningen ausgezeichnet.
Das reiche kulturelle Erbe Thüringens auch im ländlichen Raum zu bewahren und an die Nachwelt zu übermitteln, hat sich Rosemarie Fickel zur Aufgabe gemacht. Seit 1985 liegt dabei ihr Hauptaugenmerk stets auf der Traditionspflege und der Unterstützung der örtlichen Vereinsarbeit.
In über drei Jahrzehnten ehrenamtlicher Tätigkeit hat sie durch ihren unermüdlichen Einsatz nicht nur dem Schillerort Bauerbach überregionale Bekanntheit verschafft und das Andenken an die Historie vor Ort wachgehalten, sondern auch die Einrichtung unterschiedlichster kommunaler Infrastruktur angestoßen, die das Leben der rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner und seiner Gäste bereichert.
Eine besondere Würdigung verdient auch Rosemarie Fickels Organisations- und Verhandlungsgeschick, mit dessen Hilfe es ihr immer wieder gelang, öffentliche Fördermittel zu erschließen, weshalb sich ihre Gemeinde trotz knapper kommunaler Mittel zu einem kulturellen Kleinod in der Region Schmalkalden-Meiningen entwickeln konnte.
Ihr außerordentliches Engagement, sei es im kulturellen oder im kommunalen Bereich, in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Sozialarbeit oder der Infrastrukturpolitik wurde bereits mit dem Thüringer Verdienstorden ausgezeichnet.
„Es ist mir daher eine Ehre, Rosemarie Fickel heute für ihr jahrzehntelanges bürgerschaftliches Engagement als Bürgermeisterin der Ortschaft Bauerbach bei Meiningen die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland zu übergeben“, so Ministerpräsiden Bodo Ramelow. „Ihr beispielhafter Einsatz für das Gemeinwesen macht den Schillerort Bauerbach so liebens- und lebenswert und zugleich zum kulturellen Leuchtturm in der Region.“
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Silke Gablenz-Kolakovic aus Jena wird für ihre inzwischen mehr als ein Jahrzehnt währenden engagierten ehrenamtlichen Tätigkeiten für das Liebhabertheater und das Schloss Kochberg mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Die gebürtige Hamburgerin arbeitete zunächst viele Jahre als freiberufliche Management-Trainerin und Unternehmens- und Organisationsberaterin in Jena, bevor sie zu ihrer wahren Berufung als Theatermacherin fand.
Nachdem sie 2003 Vorstandsvorsitzende des Freundeskreises des Liebhabertheaters wurde, hat sie mit bemerkenswerter Weitsicht und Energie das Theater zu einer Spielstätte von internationalem Ruf entwickelt.
Neben der künstlerischen Arbeit setzt sich die Theaterleiterin in engem Schulterschluss mit der Klassik-Stiftung Weimar für den Bauerhalt und die Entwicklung des gesamten Schlossareals ein, unter anderem durch Spendenaktionen.
Silke Gablenz-Kolakovic ist es gelungen, Künstlerinnen und Künstler von internationalem Renommee zu gewinnen und ein großes Netzwerk aufzubauen. Die Opernabende, Lesungen oder Konzertveranstaltungen rücken vor allem die Zeit des Spätbarocks und der Klassik in den Mittelpunkt. Viele ihrer Initiativen, auch im Bereich Nachwuchspflege, finden in Fachkreisen höchste Anerkennung.
Die Spielstätte Großkochberg ist heute außerdem Teil der von ihr mitbegründeten „Europastraße Historische Theater“ und Mitglied bei PERSPECTIV, einer Gesellschaft historischer Theater Europas aus der Zeit von 1500 bis ca. 1900.
„Silke Gablenz-Kolakovic hat enorm viel für die Entwicklung des ländlichen Raumes, die kulturtouristische Erschließung der Region um Rudolstadt und die Identitätsstiftung vor Ort geleistet. Das Theater Großkochberg, das vor dem Aus stand, ist heute eine deutschlandweit beachtete lebendige Bühne“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Ich danke ihr sehr für dieses herausragende Engagement.“
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Helgard Groß aus Neumühle/Elster engagiert sich seit Jahrzehnten für den Sport und übernimmt dabei Verantwortung in unterschiedlichsten Funktionen und Positionen. Dafür wird sie mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Bis zu ihrem Renteneintritt im Jahr 2008 war Helgard Groß hauptamtliche Jugendsportkoordinatorin, doch bis heute arbeitet sie ehrenamtlich für verschiedene Vereine des Kreissportbundes Greiz. Dabei hat sie sich besonders um die Förderung des Radsports in der Region verdient gemacht. Sie übernahm ab 1996 für einige Jahre das Finanzmanagement des Frauenteams „Euregio Egrensis“ – und dies in einer Zeit, als der Radsport im Frauenbereich im Vergleich zum Männerradsport noch ein Schattendasein fristete.
Ein weiterer Schwerpunkt ihres ehrenamtlichen Engagements liegt im Kinder- und Jugendsport. Zusammen mit anderen Ehrenamtlichen initiierte sie die Kreisjugendspiele des Landkreises Greiz, den größten Kinder- und Jugendsportwettbewerb auf Kreisebene, bei dem jährlich rund 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in über 20 Sportarten ihre Kräfte messen.
Schon die Kleinsten für den Sport zu begeistern, ist eine Herzensangelegenheit von Helgard Groß. Sie unterstützte deshalb tatkräftig die Durchführung des Projekts „Bewegter Kindergarten“ in Greiz und Umgebung und moderierte viele Jahre die von ihr begründeten „Bummisportfeste“ im Landkreis.
Dank ihrer weitläufigen Kontakte zu Wirtschaft, Politik und der Jugend in der Region gelingt es ihr stets, Sponsoren für Events oder Unterstützung für die Organisation von Aktionen zu gewinnen. Ihr gesammeltes Fachwissen und ihre Lebenserfahrung gibt sie gern an alle Interessierten weiter.
„Sport hält den Körper gesund und den Geist wach. Sport schafft Gemeinschaft und unvergessliche Erlebnisse. Und für manche Menschen ist Sport Lebensinhalt und Lebensaufgabe zugleich. Im Namen der Thüringer Landesregierung möchte ich Ihnen herzlich für Ihren leidenschaftlichen und ideenreichen Einsatz für den Vereinssport im Kinder- und Jugendbereich danken“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Ihr jahrzehntelanger Einsatz für die Gemeinschaft kann nicht hoch genug geschätzt werden.“
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Manfred May aus Benshausen wird für seine Verdienste bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts und insbesondere bei dem sensiblen Thema der DDR-Heimerziehung mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt.
Der studierte Mathematiker und freischaffende Künstler hat sich in den vergangenen 32 Jahren sowohl beruflich als auch ehrenamtlich für die Aufarbeitung des Schicksals politisch Verfolgter eingesetzt. Seine persönlichen Erfahrungen mit den Betroffenen sind auf Ebene des Bundes und der ostdeutschen Länder entscheidend in den Aufarbeitungsprozess eingeflossen.
Als Mitarbeiter und Leiter verschiedener Thüringer Gesprächs- und Beratungsinitiativen für ehemalige DDR-Heimkinder, vor allem aber als Zuhörer und Vermittler hat sich Manfred May mit Glaubwürdigkeit und unermüdlichem Einsatz für die Belange von Betroffenen eingesetzt und sich dabei stets als Fürsprecher der DDR-Heimkinder verstanden.
Er hat mit zahlreichen Ausstellungen, Schülerprojekten und Publikationen dafür gesorgt, dass persönliche Schicksale nicht in Vergessenheit geraten. Durch seine Beharrlichkeit wurde das Thema der DDR-Heimerziehung aktuell und präsent gehalten und die Gesellschaft für das Geschehene sensibilisiert.
Dass das spätere NS- und Stasigefängnis in der Andreasstraße nicht einem Investitionsprojekt weichen musste, sondern seit nunmehr 10 Jahren ein Bildungsort und eine Gedenkstätte für die Opfer zweier Regime ist, ist nicht zuletzt auch sein Verdienst.
Zudem wurde das Ehepaar May im Jahr 2018 vom Landkreis Schmalkalden-Meiningen mit dem Denkmalpreis geehrt. Den im Jahr 1986 erworbenen „Heumannhof“, einen Weinhändlerhof aus dem 18. Jahrhundert, sanierten sie in den letzten Jahrzehnten behutsam und nutzen ihn seitdem als Ort für Ausstellungen, Lesungen und Konzerte.
„Es verdient besondere Anerkennung, wenn Menschen, die von staatlicher Willkür betroffen waren, sich nicht nur persönlich mit dem erlittenen Unrecht auseinandersetzen, sondern die Aufklärung darüber auch in die Öffentlichkeit tragen und sich gleichzeitig für andere Betroffene einsetzen“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Und so ist es mir auch persönlich ein besonderes Anliegen, heute Manfred May für seine außergewöhnlichen Verdienste bei der Aufarbeitung der DDR-Heimerziehung das Verdienstkreuz am Bande zu überreichen.“
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Dr. Manfred Schröter aus Nordhausen wird mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für sein ehrenamtliches Engagement bei der Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Nordhausens in der Zeit des Nationalsozialismus geehrt.
Der Mediziner Dr. Manfred Schröter war von 1990 bis 1994 Nordhausens erster demokratisch und frei gewählter Bürgermeister nach der Wiedervereinigung. Bevor er im Jahr 2012 zum Ehrenstadtrat Nordhausens ernannt wurde, baute er bis zum Jahr 2002 den Kommunalen Versorgungsverband auf.
Als kritischer Erforscher der Regionalgeschichte publizierte er vor allem zur jüdischen Geschichte seiner Heimatstadt Nordhausen, aber auch zu deren Bombardierung im Jahr 1945. 2013 erschien darüber hinaus die überarbeitete und ergänzte Neuauflage seines Hauptwerks „Das Schicksal der Nordhäuser Juden 1933–1945“. Seine über Jahrzehnte gewachsene Materialsammlung übereignete er dem Nordhäuser Stadtarchiv.
Für alle Projekte zum Thema „Jüdische Bürgerinnen und Bürger in Nordhausen“ ist Dr. Manfred Schröter ein unverzichtbarer Ansprechpartner. Die erste Städtepartnerschaft Nordhausens mit einer Stadt in Israel – Bet Shemesh – aus dem Jahr 1992 ist ebenso sein Verdienst wie die zahlreichen „Stolpersteine“ in der Stadt. Noch heute ist er unermüdlich zu Zeitzeugengesprächen mit Schülerinnen und Schülern, zu Vorträgen oder zu thematischen Stadtführungen unterwegs.
Dr. Manfred Schröter ist für seine ehrenamtlich Arbeit und seine historischen Forschungen zur Verfolgung der Nordhäuser Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus bereits vielfache Anerkennung zuteilgeworden. Im Jahr 2005 erhielt er den Thüringer Verdienstorden und anlässlich der Feierstunde „30 Jahre Friedliche Revolution“ wurde ihm 2019 die Nordhäuser Ehrennadel verliehen.
„Die Herrschaft des verbrecherischen NS-Regimes währte zwölf Jahre. Die Aufarbeitung ihrer Verbrechen und die Aussöhnung mit ihren Opfern ist eine Aufgabe für Generationen“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Dr. Manfred Schröter hat mit seinem jahrzehntelangen ehrenamtlichen Engagement zur Erforschung der Schicksaale der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Nordhausens in der Zeit des Nationalsozialismus zu dieser Aussöhnung einen entscheidenden Beitrag geleistet. Es ist mir eine Ehre, ihm mit dem Verdienstkreuz am Bande auch eine Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland zu übergeben.“
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Prof. Dr. Jochen Süß aus Lippersdorf-Erdmannsdorf wird mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für seinen Einsatz zur Aufrechterhaltung des Andenkens an das Wirken von Christian und Alfred Brehm gewürdigt.
Prof. Jochen Süß war bis zu seinem Renteneintritt 2012 am Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit in Jena beschäftigt und ist über Deutschland hinaus ein bekannter Zeckenforscher, der seit 1989 kontinuierlich auf diesem Gebiet forscht. Nach dem Eintritt in den Ruhestand nahm er sich der Brehm-Gedenkstätte Renthendorf an. Seit 2012 ist er deren Leiter.
Im Jahr 2011 musste die Gedenkstätte durch die Gemeinde geschlossen werden, da die nötige Generalsanierung finanziell nicht zu stemmen war. Mithilfe mehrerer Gemeinden im Umland und der Gründung des Zweckverbandes „Brehm-Gedenkstätte“, konnte die Wiederaufnahme des Museumsbetriebs ermöglicht werden.
Nach seiner Pensionierung ergriff er die Gelegenheit, zwei der prominentesten Tierforscher aus dem 19. Jahrhundert in den Blick zu nehmen: den Thüringer Vogelkundler Christian Ludwig Brehm und seinen Sohn, Alfred Edmund Brehm, der sich als weltenreisender Tierforscher, Zoodirektor und Verfasser des legendären „Brehms Tierleben“ einen Namen gemacht hat.
Dank des persönlichen Einsatzes von Prof. Jochen Süß und unter Einbeziehung eines umfangreichen Netzwerkes gelang es ihm, Fördermöglichkeiten durch Institutionen, Bildungseinrichtungen, Ministerien, Vereine bis hin zu Kircheneinrichtungen und Privatpersonen zu erschließen. Nach acht Jahren Bauzeit wurde im August 2020 die Eröffnung gefeiert.
Zusätzlich zeigt sich die Verwurzelung von Prof. Jochen Süß mit der Region auch in seiner beinahe 20-jährigen Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister von Lippersdorf-Erdmannsdorf im Saale-Holzland-Kreis.
„Es ist das besondere Verdienst von Prof. Jochen Süß, einen infrastrukturell benachteiligten ländlichen Raum in beeindruckender Weise belebt und auf nachhaltige Weise identitätsstiftende Impulse gesetzt zu haben“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Für diese Leistung zolle ich ihm meine größte Hochachtung. Ich wünsche ihm und dem Museum alles Gute und vor allem zahlreiche Besucherinnen und Besucher.“