Was man isst und was (warum) nicht, ist heute ein Weltanschauungsfrage, nicht nur eine des persönlichen Geschmacks. Convenient food oder ökologisch und nachhaltig produzierte Nahrung, Flugobst oder Fair-Trade-Früchte aus der Region, Menüs für Fleischesser, Vegetarier oder Veganer – um diese gar nicht so kleinen Details unserer Ernährung wird aktuell heftig in der Öffentlichkeit und in den Familien gestritten. Immer weniger Menschen kochen regelmäßig ihr eigenes Essen zuhause, die Industrie vorgefertigter Speisen floriert – dennoch wecken Kochshows im Fernsehen und im Internet oder Neuerscheinungen von Kochbuchverlagen regelmäßig ein großes Publikumsinteresse. Auf Instagram kann man spezielle Hashtag-Kategorien zur ambitionierten Food-Fotografie von Amateuren auf Entdeckungsreisen auswählen. Währenddessen erringen einzelne
Köchinnen und Köche den Status von Künstlern und Medienstars. Eine Welt voller Extreme und steter Neuerungen also, die sich auch in jenem Bereich offenbart, der direkt mit der Tätigkeit von Köchinnen und Köchen zu tun hat und auf den homo delicatus abzielt, ob sich dieser im Dschungel der Sterne-Restaurants fortbewegt oder in privaten Küchenwelten: gemeint ist die Food-Fotografie. Sie liefert den Geschmäckern und dem Appetit die passenden Bilder – Bilder der sinnlichen Verführung, der kulturellen Distinktion, der feinen Ironie, des Exotischen oder des nie zuvor so Gesehenen.
Seit Künstler wie Jürgen Teller der Modefotografie eine unerwartet experimentelle, grenzüberschreitende, künstlerische Note verliehen haben, ist unsere Sensibilität für ähnliche Phänomene auch beim professionellen Fotografieren von Speisen und deren Zutaten für die Werbung, für Kochbücher etc. angewachsen. Auch hier hat die Zahl der Kreativen zugenommen, die sich an künstlerischen Bildlösungen orientieren und auf unorthodoxe Ansichten von Lebensmitteln und ihrer Verarbeitung setzen.
Anlässlich der internationalen Biennale „Food Photo Festival 2017“ in Vejle, Süd-Dänemark, trafen sich rund 200 Food-Fotografen aus 26 Ländern zum Austausch und zur Werkschau. Die Veranstaltung versteht sich als Branchentreffen der besten Food-Fotografen und Food-Stylisten, Artdirektoren, Kochbuchautoren und Food-Journalisten und steht zugleich zahlreichen interessierten Besuchern offen. Veranstalter und Kurator des Festivals ist Günter Beer, ein deutscher Fotograf aus Barcelona. Er begrüßte zum wiederholten Mal Kollegen und Freunde aus aller Welt zu Workshops, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Portfolio-Reviews, Netzwerk-Dinners in ausgesuchten Restaurants, Leinwand-Screenings und einem Gala-Abend mit der Verleihung der Awards: So wurde Carmen Troesser (USA) mit dem Preis „Foodphoto 2017“ ausgezeichnet und dem Kurzfilm „Hungry” von Maisie Crow (USA) wurde der Preis „Food Feature“ zugesprochen.
Aus den fotografischen und filmischen Präsentationen dieser Biennale ist die Ausstellung „Food for your eyes“ hervorgegangen, die nun in Erfurt präsentiert wird. Sie wurde von Günter Beer kuratiert und umfasst zahlreiche fotografische Abzüge von 18 Fotografinnen und Fotografen (Einzelautoren und Autorenpaaren) sowie eine Multimediaarbeit, die stilistisch ein breites Spektrum verkörpern – von der klassischen Food-Fotografie über Referenzen zu Kunstströmungen wie Surrealismus und Pop Art bis hin zu kurzen filmischen Reportagen.
Die Ausstellung ist bis zum 31. März in der Kunsthalle zu sehen.
Kuratorenführungen stehen an folgen Terminen auf dem Programm:
Sonntage: 27.01., 17.02. und 10.03.2019 um 11:15 Uhr
Donnerstage: 31.01., 14.02. und 07.03.2019 um 19:00 Uhr