Vertreten wird der Freistaat von Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Stefan Korioth. Taubert will am bestehenden Ausgleichssystem festhalten.
Die Thüringer Landesregierung hat heute in der Kabinettssitzung beschlossen, Professor Dr. Stefan Korioth, mit der Vertretung Thüringens im Rahmen einer Prozessgemeinschaft mit elf anderen Ländern vor dem Bundesverfassungsgericht im Normenkontrollverfahren der Bayerischen Staatsregierung gegen den geltenden bundesstaatlichen Finanzausgleich zu beauftragen.
Korioth ist ein renommierter Rechtswissenschaftler und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat Thüringen – in einer Prozessgemeinschaft mit weiteren Ländern – bereits 2013 in dem damaligen Finanzausgleichsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten.
Die Thüringer Finanzministerin Heike Taubert findet deutliche Worte zur Klage Bayerns vor dem Bundesverfassungsgericht: „Die Einreichung einer Verfassungsklage zum Länderfinanzausgleich ist offensichtlich politisches Kalkül im Zuge des bayerischen Landtagswahlkampfes. Es ist mir unverständlich, wie die amtierende bayerische Staatsregierung die Notwendigkeit der Wahrnehmung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe so leichtfertig in Frage stellt. Diese Klage kommt inmitten der Diskussion um fehlende gleichwertige Lebensverhältnisse in unserem Land zur Unzeit und ist für mich in erster Linie demokratieschädigend und verantwortungslos. Ich habe kein Verständnis, dass der Freistaat Bayern, der in der alten Bundesrepublik lange Zeit Nehmerland war, nun auf Kosten der Allgemeinheit unsolidarisch die erst 2020 in Kraft getretene Reform des Länderfinanzausgleichs aufkündigen will.“
Und weiter: „Mit unserem geschlossenen, parteiübergreifenden Auftreten senden wir ein starkes Signal. Die Solidarität unter den Ländern ist gerade in diesen herausfordernden Zeiten ein hohes Gut. Der Finanzausgleich ist kein Selbstzweck, sondern soll für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen und verhindern, dass ganze Regionen abgehängt werden.“
Erst durch den bundesstaatlichen Finanzausgleich werden die finanziellen Voraussetzungen für die Wahrung der verfassungsrechtlich gebotenen Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse und eines vergleichbaren Angebots öffentlicher Leistungen wie etwa Bildung und Verkehrsinfrastruktur im gesamten Bundesgebiet geschaffen. Daher bekennt sich die überwiegende Mehrheit der Länder – sowohl Geber- als auch Nehmerländer – zu den geltenden Regelungen des Finanzausgleichs. Sie kritisieren deshalb den Beschluss Bayerns, gegen die erst 2020 in Kraft getretenen Regelungen zu klagen. Es bestehen keine Zweifel, dass der geltende Finanzausgleich den Vorgaben des Grundgesetzes entspricht.
Die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sind davon überzeugt, dass das geltende Finanzausgleichssystem den Vorgaben des Grund-gesetzes entspricht. Sie treten dem Antrag der Bayerischen Staatsregierung gemeinsam entgegen. Professor Dr. Korioth wird als Verfahrensbevollmächtigter dieser Länder mit der Erarbeitung gemeinsamer Stellungnahmen sowie der Vertretung vor dem Bundesverfassungsgericht beauftragt.
Bund und Länder haben sich nach einem intensiven, mehrjährigen Verhandlungsprozess einvernehmlich auf eine Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs verständigt, der alle Länder 2017 im Bundesrat zugestimmt haben. Diese Reform war auch mit einer Verbesserung der Finanzkraft der besonders finanzstarken Länder verbunden. Aus diesem Grund haben Vertreter der Bayerischen Staatsregierung seinerzeit die Einigung auf das neue System in öffentlichen Stellungnahmen besonders deutlich begrüßt und nie versäumt, ihre führende Rolle bei den damaligen Verhandlungen herauszustellen.